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kommt noch die der Bewegung (action) hinzu, welche den Werth der Compositionen noch bei Weitem erhöht. Man wird dieselben Grundsätze, die in den früheren Abschnitten nachgewiesen wurden, auch hierauf anwenden können, ob man gleich die Grazie und Schönheit derselben nicht in einzelnen Regeln, wie bei der Grammatik, erlernen kann, sondern sich dieselben durch Nachahmung und Angewöhnung größtentheils aneignen muß, wobei eine Sicherheit und ein Selbstvertrauen des Geistes erfordert wird, wenn die Bewegung sich als zierlich und graziös erweisen soll.

Es ist bekannt, daß Körper in Bewegung stets eine Linie in der Luft beschreiben, z. B. der schnell umgedrehte Feuerbrand bildet für jedes Auge einen Cirkel, der Wasserfall eine Curve, das Schiff auf den Wogen eine Wellenlinie u. s. w. So auch der organische Körper, wenn er sich ganz oder nur an einem Gliede bewegt. Man betrachte z. B. ein freies und schönes Pferd, welches sich ohne Reiter bewegt, und man wird eine lange Wellenlinie in der Art, wie es die Luft durchschneidet, bemerken, ebenso wie die Schlangenlinie in seiner Mähne und an seinem Schweife. Auch bei dem menschlichen Körper wird dies um so mehr in die Augen fallen, wenn man dessen Bewegungen mit den geradlinigen der Puppen vergleicht, Figur zwischen 122 und 123 B 2, welche dadurch lächerlich werden, daß sie mit den Formen des menschlichen Körpers unverträglich sind. Selbst die am meisten grotesken Gestalten unter den Tanzenden auf B 2 kommen denselben noch lange nicht gleich. Die Schlangenlinien werden jedoch nur gelegentlich angewandt; sie gereichen ausschließlich zur Zierde, und alle Geschäfte des Lebens können ohne sie ausgeführt werden; bei ihnen ist die Gewöhnung hauptsächlich erforderlich. Um diese zu erlangen, wird von Hogarth eine Methode vorgeschlagen, die er selbst eine sonderbare nennt.

Sobald Jemand die Linie, Figur 119 B 2, auf einer Fläche zieht, wird er Hand und Arm in schöner Richtung bewegen; eine noch schönere Richtung werden beide annehmen, wenn man die punktirte Linie auf Figur 120 B 2, also auf einem Gewölbesimse, zieht; durch letztere Bewegung würde Adel zur Grazie hinzugefügt werden. Hat man dergleichen