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Auge eigne sich für den Ausdruck der Liebe und des Lachens, ein großes und breites Auge für den des Trotzes und des Staunens; rund sich hebende Muskeln offenbaren einen Grad der Heiterkeit sogar im Kummer; die Muskeln überhaupt können den Charakter in so weit andeuten, daß sie durch häufige Zusammenziehung oder Erweiterung bei einem vorherrschenden Affecte, wenn kein Zwang statt gefunden hat, gegen die Zeit des vierzigsten Jahres eine bestimmte Form annehmen, welche den Charakter auf den ersten Blick offenbaren kann.

Die Alten besonders haben in Anwendung der Linien bei hohen und niederen Charakteren eine außerordentliche Kunst offenbart; bei Letzteren haben sie die Schönheitslinie nur in so weit verändert, wie der Charakter oder die Handlung es in einzelnen Theilen erforderten. Ein tanzender Faun ist hinsichtlich der Linien eben so sorgfältig durchgeführt, wie ein Apoll. Man kann dies erkennen, wenn man den Körper des Silens, Figur 107 B 1, betrachtet; Wellenlinien fehlen dort eben so wenig, wie die Linie Figur 49 B 1, Nr. 7, welche Letztere in dem geschwollenen Gesichte und in andern Körpertheilen den Charakter des thierischen Schlemmers hervorbringt.

Auch in der Natur wird man bemerken, daß die Wellenlinie bei jeder Körperform bewirkt werden kann, wie sehr dieselbe auch mit andern abwechselt. Gerade Linien, welche mehr den unbelebten Körpern als eigenthümlich angehören, ertheilen einem Gesicht den Ausdruck des Lächerlichen und der Dummheit.

Besonderer Ausdruck des Gesichts mit Bewegung der Muskeln, welcher dem Einen zur Zierde gereicht, kann bei einem Andern unangenehm werden, je nachdem ein solcher Ausdruck mit den Linien der Schönheit oder mit dem Gegentheile zusammenfällt. Die Linien, welche ein angenehmes Lächeln an den Mundwinkeln bilden, wie in Figur 108 B 2, verlieren ihre Schönheit im vollen Lachen, Figur 109 B 2, da Letzteres dem Gesicht ein dummes und unangenehmes Aussehn ertheilt, indem es regelmäßige gerade Linien am Munde bildet, die einer Parenthese gleichen, und ebenfalls beim Weinen zum Vorschein kommen. (Vergleiche den Engelskopf unter Figur 16 B 2.) Ueberhaupt fällt der