Seite:Hogarth erklärt von Lichtenberg (Kottenkamp Stuttgart 1840).pdf/1184

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Kunstkenner nennen diese zwar uncorrekt, gestehen jedoch ein, daß sie einen nicht mit Worten anzugebenden Adel der Gestalten offenbaren.

Auch an den Nebendingen dieser Statue kann man mehrere der früher gemachten Bemerkungen in Anwendung bringen. Die Drapperie, welche von den Schultern hängt und sich über den Arm windet, erfüllt einen dreifachen Zweck. Zuerst bewirkt sie, daß die ganze Figur sich in den Gränzen der Pyramide hält; alsdann füllt sie den leeren Winkel unter dem Arme aus, und verhindert dadurch die gerade Linie, welche der Arm in jener Bewegung mit dem Körper machen müßte; drittens bewirkt sie durch die angenehmen Wellenlinien des Faltenwurfs einen für das Auge lieblichen Ausdruck, und gefällt viertens durch die Vergrößerung der ganzen Composition.

Was Licht, Schatten und Farben betrifft, so sind die Farben entweder als Gegensätze zu einander hingestellt, als Haupt-Tinten (prime tints), oder dieselben wechseln stufenweise als zurückweichende Schatten (Retiring shades). Letzterer Name ist deßhalb gewählt, weil jene Schatten eben so wie convergirende Linien (Figur unter 47 1) die allmählige Zurückweichung der Gegenstände vom Auge angeben. Ohne diese Schatten würde eine horizontale Ebene als aufrecht stehend wie eine Mauer erscheinen; wenn ferner das Licht so angeordnet wäre, daß die allmählige Abstufung der Schatten nicht zum Vorschein käme, so werden gerundete Dinge als flach und umgekehrt erscheinen. Diese Eigenschaft des Schattens läßt sich zwar nicht in bestimmter Form erkennen, man wird aber die Verschiedenheit im Einzelnen an einem bestimmten Gegenstand, z. B., einer Kugel, sogleich erblicken. So zeigt auch der zurückweichende Schatten auf dem Fußboden B 2 von den Füßen des Hundes an bis zu denen der Tänzer, daß Letzterem hiedurch die Gestalt der Fläche ertheilt wird. Die Außenlinie einer Kugel ist ferner auf dem Papier ein bloßer Cirkel; wird jener Schatten, wenn auch nur durch Linien, angegeben, so kommt die volle Gestalt, Figur 90 B 2, zum Vorschein. Dasselbe ist bei Cylindern, Figur 84 B 2, bei den Höhlungen und Erhabenheiten, Figur 85 B 2, der Fall.