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Massenhaften und der Windung gelten für Kleider. Was letztere betrifft, so sind geschlungene Formen vor Allem graziös, wie man aus den antiken Zipfeln erläutern kann, welche die Kopfbedeckung der Sphinx bilden, Fig. 21.

Wie erwähnt, mag sich der Künstler oder Liebhaber der Kunst daran gewöhnen, alle Gegenstände in ihren Oberflächen als von Linien zusammengesetzt zu betrachten. Somit wären die Oberflächen zusammengesetzt erstens aus geraden Linien, wie der Cubus, aus Cirkellinien, wie die Kugel, aus beiden, wie Cylinder, Kegel u. s. w., Figur 23; zweitens aus componirten geraden und Cirkellinien, und aus Linien, die zum Theil cirkelförmig, zum Theil gerade sind, wie Säulen, Capitale, Vasen u. s. w., Figur 24; drittens aus den genannten dreien nebst der Wellenlinie, welche die Schönheit mehr als irgend eine andere hervorbringt, und deßhalb die Schönheitslinie genannt werden mag, Figur 25; viertens aus allen genannten mit der Schlangenlinie, welche Grazie zur Schönheit hinzufügt. Figur 26. – Gerade Linien sind nur in der Länge verschieden, und schmücken deßhalb am wenigsten; Kreislinien fangen an, zum Schmuck zu dienen; Kreislinien und gerade können schon angenehme Formen hervorbringen; Wellenlinien, die aus zwei entgegengesetzten Kreislinien bestehen, sind um so schöner, da Bewegung und Windung in ihnen statt findet.

Die Hervorbringung von schönen Formen beruht auf der Zusammensetzung der Linien, indem man diese in der Mannigfaltigkeit ihrer Formen und Dimensionen wählt, ihre Lagen gegen einander abwechselt, und den von diesen Linien eingeschlossenen Raum ebenfalls mannigfaltig macht, wobei man das Zweckmäßige so viel wie möglich im Auge behält. Die Kunst, gut zu componiren, ist die Kunst, eine gute Mannigfaltigkeit hervorzubringen; z. B. Figur 29 gibt eine Glocke, eine einfache und angenehme Form. Diese Schaale, wenn man den Ausdruck gebrauchen darf, ist aus Wellenlinien zusammengesetzt, wobei die Abwechslung des Raumes mit punktirten Linien angegeben ist; hier sieht man, daß die Mannigfaltigkeit des Raumes jener Mannigfaltigkeit der Schönheit in der äußeren Form gleich ist. Wenn der innere Raum noch mannigfaltiger wäre, so würde die äußere Form eine noch größere Schönheit zeigen.