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schlabberige Unbedeutsamkeit, die, wenn sie bei einem Erwachsenen noch irgend einen Reiz für den Anschauer hat, es in der Welt kein anderer seyn kann, als der zum Daraufschlagen. Wie das Schmalz nicht alle Form und Elasticität aus den dicken Knieen und dem ganzen Beinwerk verdrängt hat! Aus dem kraftlosen, schlotternden Pauschen der Beine zu schließen, sollte man sie fast für die Windschläuche zu dem Flötenwerk halten, die so eben einen guten Theil ihres Vorraths an einen Triller erster Größe abgesetzt haben. – O! wenn schon angeborene Neutralität in der Liebe, obgleich noch immer bewaffnet, die bedeutendsten Züge des menschlichen Gesichts und menschlichen Anstandes für Kennerinnen und Kenner, wie ich gehört habe, verwischen soll, was in der Welt kann die unbewaffnete oder gar entwaffnete anders erzeugen, als ein solches Scheusal von Balggeschwulst? – Schön ist also freilich dieses Kunstwerk nicht, aber dafür desto kostbarer. Ermel und Saum des Kleides sind schweres Gold, und an jedem Gliede der Finger, an Kniee- und Schuhschnallen und Ohr blitzet der Demant. Als bloße Einfassung für die Stimme hat er alles Mögliche gethan.

Hinter ihm steht unser Landsmann, der berühmte Virtuose auf der deutschen Flöte (so heißt die Queerflöte in England), Weidemann . Ich müßte mich sehr irren, oder es lauert in dem rechten Augenwinkel sowohl, als Mundwinkel eine Art gutmüthiger Schelmerei, die am Ende, zumal mit der Habichtsnase zusammen genommen, für den ehrlichen Mann einnimmt. Er scheint beim Blasen selbst zu lächeln. In einer Gesellschaft, wo jedes Gesicht und jede Geberde so reich an Lachstoff ist, ist es schwer zu sagen, worüber er lächelt, sobald man annimmt, daß er einmal über die Noten weggeblickt hat. Doch erfordert es Herrn Weidemann’s Virtuosen-Ehre, hier anzunehmen, er habe nie weggesehen. Dann aber bliebe, um das Lächeln zu erklären, nichts übrig, als etwa ein geheimer Kostenüberschlag ihrer beiderseitigen Instrumente. Wie viel Geld bezahlte ich für meine Flöte, und was bezahlte der Castrat für seine Pfeife an Geldeswerth? Neutralität ist nicht in Weidemann’s Miene.