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einen Theil der Maskenkleider sehen. Da hat wenigstens das Habit der Gräfin so wenig von der Nonnentracht, als sie selbst von einer Heiligen. So geringfügig dieses Hinweisen auch hier läßt, so wichtig ist es für den armen Silbermund, es liegt nämlich darin nichts Geringeres als ein Nagel zu seinem – Galgen.

Unten, zu seinen Füßen liegt ein Buch mit der Aufschrift: Sopha. Keiner von allen mir bekannt gewordenen Auslegern dieser Blätter berührt diesen Umstand auch nur mit einer Sylbe, und doch konnte man leicht denken, daß ein so verschmitzter Mann wie Hogarth sich unmöglich die Mühe würde genommen haben, selbst nur ein simples Buch ohne Bedeutung dahin zu zeichnen; und nun gar eins mit einem Titel? Und das für Nichts und wieder Nichts? – Die Bedeutung ist doch auch in Wahrheit nicht schwer zu finden; es hat sogar eine doppelte. Das Buch ist nämlich das berüchtigte, heißblütige Product der Feder des jüngern Crebillon, das diesen Titel führt[1], und gerade so in eine Damen-Bibliothek gehört, wie vergoldete Stechäpfel oder überzuckerte Tollbeeren an einen Christbaum. Dieser Zug charakterisirt also hier in hohem Grade, und läßt selbst die schönsten Züge hinter sich, die der Künstler zu gleichem Zweck auf diesem Blatte angebracht hat. Die Gräfin ist ein verworfenes Geschöpf. – Dieses ist wohl die Hauptbedeutung, auf welche der ganze Charakter des Blattes unverkennbar hinweist. Allein außer dieser gibt es noch eine zweite, possierlichere, die etwas tiefer liegt, auf die aber Hogarth, der das Buch gekannt haben muß, ohne Zweifel hinweisen will. Sie wird durch den Charakter des Genie’s unseres Künstlers eben so gerechtfertigt, wie jener erste durch den des Stücks. Crebillon’s Mährchen dreht sich ganz um folgende Dichtung: Almanzéi, eine Art von Hof-Junker an Schah Baham’s Hofe, ward einmal zur Strafe in einen Sopha verwandelt, und erzählt nachher was er als solcher gesehen und gehört hat, und ein Sopha, wie man weiß, kann wohl etwas sehen und hören in der Welt. Die Bedingungen des


  1. Le Sopha, Conte moral.