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Dieser merkwürdige Ausspruch Sacchini’s legt die ganze Tendenz der italienischen Opernmusik damaliger Zeit an den Tag, und im Wesentlichen ist sie auch wol bis auf die jetzige Zeit dieselbe geblieben. Die Italiener erhoben sich nicht zu der Ansicht, daß die Oper in Wort, Handlung und Musik als ein Ganzes erscheinen, und dieses untrennbare Ganze im Totaleindruck auf den Zuhörer wirken müsse; die Musik war ihnen vielmehr zufällige Begleiterinn des Schauspiels, und durfte nur hin und wieder als selbständige Kunst, und dann für sich allein wirkend, hervortreten. So kam es, daß im eigentlichen Fortschreiten der Handlung alle Musik flach und unbedeutend gehalten wurde, und nur die Prima Donna und der Primo Huomo[WS 1] in ihren sogenannten Scenen in bedeutender, oder vielmehr wahrer Musik hervortreten durften. Hier galt es aber dann wieder, ohne Rücksicht auf den Moment der Handlung, nur den Gesang, ja oft auch nur die Kunstfertigkeit der Sänger im höchsten Glanze zu zeigen.

Sacchini verwirft in der Oper alles Starke, Erschütternde der Musik, welches er in die Kirche verweist; er hat es im Theater nur mit angenehmen, oder vielmehr nicht tief eingreifenden Empfindungen zu thun; er will nicht Erstaunen, nur sanfte Rührung erregen. Als wenn die Oper durch die Verbindung

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Die Primadonna, die „Erste Dame“, ist die Haupt-Solistin eines Sängerensembles. Analog dazu seitens der Männerstimmen, der „Primo Huomo“.