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neckte man mich mit meiner Zugluft in der Oper, und ich hatte doch Recht. –

Sollte man es wol glauben, daß es dessen ungeachtet einen ächten, wahren Musiker gibt, der noch jetzt, rücksichtlich meines musikalischen Sinnes, der Meinung meiner Tante ist? – Freilich wird Niemand viel darauf geben, wenn ich gerade heraussage, daß dies kein Andrer ist, als der Kapellmeister Johannes Kreisler, der seiner Phantasterei wegen überall verschrieen genug ist, aber ich bilde mir nicht wenig darauf ein, daß er es nicht verschmäht, mir recht nach meinem innern Gefühl, so wie es mich erfreut und erhebt, vorzusingen und vorzuspielen. – Neulich sagte er, als ich ihm meine musikalische Unbeholfenheit klagte, ich sey mit jenem Lehrling in dem Tempel zu Sais[WS 1] zu vergleichen, der, ungeschickt scheinend, im Vergleich der andern Schüler, doch den wunderbaren Stein fand, den die Andern mit allem Fleiß vergeblich suchten. Ich verstand ihn nicht, weil ich Novalis Schriften nicht gelesen, auf die er mich verwies. Ich habe heute in die Leihbibliothek geschickt, werde das Buch aber wol nicht erhalten, da es herrlich seyn soll, und also stark gelesen wird. – Doch nein; eben erhalte ich wirklich Novalis Schriften, zwei Bändchen, und der Bibliothekar läßt mir sagen, mit dergleichen könne er immer

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Die Lehrlinge zu Sais, ein Romanfragment von Novalis, 1798-1799 geschrieben und 1802 posthum gedruckt.