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Talent ausgebildet, war ich oft in auserlesener Gesellschaft witziger, geistreicher Menschen. Ich hatte ihre Mienen und Gebehrden genau abgesehen, die ich geschickt nachzuahmen wußte; dies und meine anständige Kleidung, mit der mich mein damaliger Principal versehen, öffnete mir nicht allein jederzeit die Thür, sondern ich galt allgemein für einen jungen Mann von feinem Weltton. Wie sehnlich wünschte ich sprechen zu können; aber im Herzen dachte ich: O Himmel, wenn du nun auch sprechen kannst, wo sollst du all’ die tausend Einfälle und Gedanken hernehmen, die denen da von den Lippen strömen? Wie sollst du es anfangen, von den tausend Dingen zu sprechen, die du kaum dem Namen nach kennst? Wie sollst du über Werke der Wissenschaft und Kunst so bestimmt urtheilen, wie jene da, ohne in diesem Gebiete einheimisch zu seyn? – So wie ich nur einige Worte zusammenhängend herausbringen konnte, eröffnete ich meinem lieben Lehrer, dem Professor der Aesthetik, meine Zweifel und Bedenken; der lachte mir aber ins Gesicht und sprach: „Was glauben Sie denn, lieber Monsieur Milo? Sprechen, sprechen, sprechen müssen Sie lernen, alles Uebrige findet sich von selbst. Geläufig, gewandt, geschickt sprechen, das ist das ganze Geheimniß. Sie werden selbst erstaunen, wie Ihnen im Sprechen die Gedanken kommen, wie Ihnen die Weisheit aufgeht, wie die göttliche