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über die Opernbrücke, bei dem Schlosse vorbei – ich bog ein, lief über die Schleusenbrücke bei der Münze vorüber. – Ich war in der Jägerstraße dicht am Thiermannschen Laden. Da brannten freundliche Lichter in den Zimmern; schon wollte ich hinein, weil zu sehr mich fror und ich nach einem tüchtigen Schluck starken Getränkes durstete; eben strömte eine Gesellschaft in heller Fröhlichkeit heraus. Sie sprachen von prächtigen Austern und dem guten Eilfer-Wein. „Recht hatte Jener doch,“ rief Einer von ihnen, wie ich beim Laternenschein bemerkte, ein stattlicher Uhlanenoffizier, „Recht hatte Jener doch, der voriges Jahr in Mainz auf die verfluchten Kerle schimpfte, welche Anno 1794 durchaus nicht mit dem Eilfer herausrücken wollten.“ – Alle lachten aus voller Kehle. Unwillkührlich war ich einige Schritte weiter gekommen, ich blieb vor einem Keller stehen, aus dem ein einsames Licht herausstrahlte.[WS 1] Fühlte sich der Schakspearsche Heinrich nicht einmal so ermattet und demüthig, daß ihm die arme Creatur Dünnbier in den Sinn kam? In der That, mir geschah Gleiches, meine Zunge lechzte nach einer Flasche guten englischen Biers. Schnell fuhr ich in den Keller hinein. „Was beliebt?“ kam mir der Wirth, freundlich die Mütze rückend, entgegen. Ich forderte eine Flasche guten englischen Biers nebst einer tüchtigen Pfeife guten Tabaks, und befand mich bald

Anmerkungen (Wikisource)

  1. [In der ersten Fassung schließt – siehe Hirschberg 1922 Bd. 13, S. 356–357 Commons – hier an:]
    die lustige Gesellschaft hatte sich entfernt, es war stille geworden und ich vernahm deutlich wie Mann und Frau unten mit einander sprachen:
    Die Frau. Nun sitzen wir wieder allein und das Leben für die vornehmen Leute da oben geht erst recht an.
    Der Mann. Mags doch, war es denn nicht heute recht voll bey uns und lauter tüchtige ehrsame Männer?
    Die Frau. O ja! – zehn Menschen oder eilf, und was haben wir denn verdient? – Aber freylich, wenn man nichts feil hat als Bier, nicht einmahl Rum, den sie nun einmahl alle trinken wollen. – Oben geht es schon anders, da klappert die Thüre immer auf und zu – auf und zu, und lauter hübsche vornehme Herren.
    Der Mann. Geh’ mir mit deinen vornehmen Herren und dem ausländischen Laden. Mein Manheimer, Fredersdorfer, Neuwalder, Stettiner ist das beste weit und breit, und mehr verlangt der Gevatter Kammacher und jeder meiner werthen Gäste nicht.
    Die Frau. Aber Rum mußt du dir halten und auch Sardellen. [357]
    Der Mann. Gott soll mich dafür behüten, das welsche Zeug soll nicht in meinen Keller. Einmahl war ich da oben im Laden beym Nachbar Thiermann, der die vielen schönen Bilder hat. Bey dem ging es lustig her in den Zimmern und ein ganz kleines blaßes Männlein trug eine große Schüßel mit ganz kuriosem bunten Zeuge – gelb – roth – blau – grün durcheinander – hinein. Sie nannten das einen italiänischen
 Sallat – Gott verzeih! mir wurde ganz schlimm und unheimlich; 
der kleine Kerl kam mir vor wie ein Däumling mit einem Satansfraß die Leute zu verlocken.
    Die Frau. Wie du auch bist! – das kommt aber, weil unser Herr dir zuweilen allerley närrisches Zeug vorschwatzt. – Heute bleibt er wohl aus.
    Der Mann. Ich glaub’ es auch – wir wollen nur zu Bette gehn.
    
Schnell fuhr ich in den Keller hinein. Die Frau saß im Lehnstuhl am Ofen, der Mann stand im Nachtwamms und Pantoffeln vor 
ihr.
    [Weiter mit: „Was beliebt?“ kam mir der Wirth,…]