Seite:Hoffmann Fantasiestücke in Callots Manier Bd.2 1819.pdf/166

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

das Alles nur eingebildet, und nichts hat mich krank gemacht, als das ewige Denken an den Anselmus und an die wunderliche alte Frau, die sich für die Liese ausgab und mich wol nur damit geneckt hat.“ – Fränzchen, die hinausgegangen, trat wieder herein mit Veronika’s ganz durchnäßtem Mantel in der Hand. „Sieh nur, Schwester,“ sagte sie, „wie es Deinem Mantel ergangen ist; da hat der Sturm in der Nacht das Fenster aufgerissen und den Stuhl, auf dem der Mantel lag, umgeworfen; da hat es nun wol hineingeregnet, denn der Mantel ist ganz naß.“ – Das fiel der Veronika schwer aufs Herz, denn sie merkte nun wol, daß nicht ein Traum sie gequält, sondern daß sie wirklich bei der Alten gewesen. Da ergriff sie Angst und Grausen, und ein Fieberfrost zitterte durch alle Glieder. Im krampfhaften Erbeben zog sie die Bettdecke fest über sich; aber da fühlte sie, daß etwas Hartes ihre Brust drückte, und als sie mit der Hand danach faßte, schien es ein Medaillon zu seyn; sie zog es hervor, als Fränzchen mit dem Mantel fortgegangen, und es war ein kleiner runder hell polirter Metallspiegel. „Das ist ein Geschenk der Alten,“ rief sie lebhaft, und es war, als schössen feurige Strahlen aus dem Spiegel, die in ihr Innerstes drangen und es wohlthuend erwärmten. Der Fieberfrost war vorüber und es durchströmte sie ein unbeschreibliches Gefühl von Behaglichkeit