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halte, welche Veronika durch geheimnißvolle Mittel der magischen Kunst zerreißen könne. Ihr Vertrauen auf die alte Liese wuchs mit jedem Tage, und selbst der Eindruck des Unheimlichen, Grausigen stumpfte sich ab, so daß alles Wunderliche, Seltsame ihres Verhältnisses mit der Alten ihr nur im Schimmer des Ungewöhnlichen, Romanhaften erschien, wovon sie eben recht angezogen wurde. Deshalb stand auch der Vorsatz bei ihr fest, selbst mit Gefahr vermißt zu werden und in tausend Unannehmlichkeiten zu gerathen, das Abentheuer der Tag- und Nachtgleiche zu bestehen. Endlich war nun die verhängnißvolle Nacht des Aequinoktiums, in der ihr die alte Liese Hülfe und Trost verheißen, eingetreten, und Veronika, mit dem Gedanken der nächtlichen Wanderung längst vertraut geworden, fühlte sich ganz ermuthigt. Pfeilschnell flog sie durch die einsamen Straßen, des Sturms nicht achtend, der durch die Lüfte brauste und ihr die dicken Regentropfen ins Gesicht warf. – Mit dumpfem dröhnenden Klange schlug die Glocke des Kreuzthurms eilf Uhr, als Veronika ganz durchnäßt vor dem Hause der Alten stand. „Ei Liebchen, Liebchen, schon da! – nun warte, warte!“ – rief es von oben herab – und gleich darauf stand auch die Alte, mit einem Korbe beladen und von ihrem Kater begleitet, vor der Thür. „So wollen wir denn gehen und thun und treiben was