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spricht: Aber liebe Finanzräthinn, nun mußt du uns auch deine göttliche Stimme hören lassen. Es entsteht ein neuer Tumult. Sie hat den Catarrh – sie kann nichts auswendig! – Gottlieb bringt zwei Arme voll Musikalien herangeschleppt: da wird geblättert und geblättert. Erst will sie singen: der Hölle Rache etc., dann: Hebe, sieh etc., dann: Ach ich liebte etc. In der Angst schlage ich vor: Ein Veilchen auf der Wiese etc. Aber sie ist für’s große Genre, sie will sich zeigen, es bleibt bei der Constanze.[a 1] – O schreie du, quieke, miaue, gurgle, stöhne, ächze, tremulire, quinkelire nur recht munter: ich habe den Fortissimo-Zug[a 2] getreten und orgle mich taub. – O Satan, Satan! welcher deiner höllischen Geister ist in diese Kehle gefahren, der alle Töne zwickt und zwängt und zerrt. Vier Saiten sind schon gesprungen, ein Hammer ist invalid. Meine Ohren gellen, mein Kopf dröhnt, meine Nerven zittern. Sind denn alle unreine Töne kreischender Marktschreier-Trompeten in diesen kleinen Hals gebannt? – Das hat mich angegriffen – ich trinke ein Glas Burgunder! – Man applaudirte unbändig, und Jemand bemerkte, die Finanzräthinn und Mozart hätten mich sehr ins Feuer gesetzt. Ich lächelte mit niedergeschlagenen Augen, recht dumm, wie ich wohl merkte. Nun erst regen sich alle Talente, bisher im Verborgenen blühend, und fahren wild durcheinander.


  1. also bei der Arie der Konstanze Ach ich liebte, war so glücklich aus dem ersten Akt von Wolfgang Amadeus Mozarts Singspiel Die Entführung aus dem Serail (KV 384).
  2. entspricht dem rechten Pedal moderner Klaviere, das die Dämpfung aufhebt.