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Der Spätherbst in Berlin hat gewöhnlich noch einige schöne Tage. Die Sonne tritt freundlich aus dem Gewölk hervor, und schnell verdampft die Nässe in der lauen Luft, welche durch die Straßen weht. Dann sieht man eine lange Reihe, buntgemischt – Elegants, Bürger mit der Hausfrau und den lieben Kleinen in Sonntagskleidern, Geistliche, Jüdinnen, Referendare, Freudenmädchen, Professoren, Putzmacherinnen, Tänzer, Offiziere u. s. w. durch die Linden nach dem Thiergarten ziehen. Bald sind alle Plätze bei Klaus und Weber[a 1] besetzt; der Mohrrüben-Kaffee dampft, die Elegants zünden ihre Zigaros an, man spricht, man streitet über Krieg und Frieden, über die Schuhe der Mad. Bethmann,[a 2] ob sie neulich grau oder grün waren, über den geschlossenen Handelsstaat[a 3] und böse Groschen u. s. w., bis alles in eine Arie aus Fanchon[a 4] zerfließt, womit eine verstimmte Harfe, ein paar nicht


  1. Kaffeewirtschaften in den sogenannten Zelten im Berliner Tiergarten.
  2. Friederike Bethmann-Unzelmann (1760–1815), deutsche Schauspielerin und Sängerin.
  3. Der geschlossene Handelsstaat (1800), eine Utopie von Johann Gottlieb Fichte über die sich Hoffmann auch in Seltsame Leiden eines Theater-Direktors (1819) lustig macht.
  4. Fanchon, das Leyermädchen (1799), ein Singspiel von August von Kotzebue mit der damals erfolgreichen Musik von Friedrich Heinrich Himmel (1804). 1809 schrieb Hoffmann eine Arie zu Fanchon, die heute verschollen ist; möglicherweise eine Anspielung auf den Untertitel dieser Erzählung.