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EIN DIRNENLIED
Einst, da ich liebte, war ich schön wie Gott
Ja, ich war herrlich, gleich den Ungewittern
Die über welterstarrter Winternot
Erzittern –
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Einst, da ich liebte, war mein Mund voll BlutUnd meine Augen glühten gleich Gestirnen
In irrer Glut –
Jetzt geh’ ich mit den Dirnen –
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Ich nehme die Liebe von jedem Munde, Ich nehme die Lust zu jeder Stunde,
Ich liege am Grunde
Dort, wo der Ekel ist.
Ich suche – und lache meinem Funde
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Zu schlecht für die Hunde Zum flüchtigen Bunde.
Aber etwas in mir es nimmer vergißt:
Einst, da ich liebte, war mein Mund voll Blut
Und meine Seele schrie in seligem Entstarren
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Und eine Welt erstand aus dunkler Glut –Jetzt bin ich leer – dem Lachen gleich von Narren.
Empfohlene Zitierweise:
Sophie Hoechstetter: Vielleicht auch Träumen. Müller, München und Leipzig 1906, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hoechstetter_Vielleicht_auch_Traeumen.pdf/51&oldid=- (Version vom 1.8.2018)
Sophie Hoechstetter: Vielleicht auch Träumen. Müller, München und Leipzig 1906, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hoechstetter_Vielleicht_auch_Traeumen.pdf/51&oldid=- (Version vom 1.8.2018)