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AUS FREMDER SEELE

Einst liebt’ ich dich. Du gabst mir über Grüften,
In denen schwere Tote von dir ruhten,
Die bleiche Hand. In losen Sommerlüften
Erstarben jenes Tages heiße Gluten.

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Dein Haar war weiß. Um deine Hüften

Lag die Erinnerung. Ich sah, daß dunkle Fluten
Dir einst zum Herzen gingen. Deine Augen prüften
Die meinen – ich sah deine Lippe bluten.

Die Nächte waren schwer, wie Blut aus Wunden,

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Die Tage dieses Irrsals gotterhellt –

Ich glaubte das Mysterium gefunden,
Mich dünkte, ich erlebe eine Welt –
Da sagtest du ein Wort – und dieses Wort zerschellt
Mir böser als der Tod noch meine letzten Stunden.

Empfohlene Zitierweise:
Sophie Hoechstetter: Vielleicht auch Träumen. Müller, München und Leipzig 1906, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hoechstetter_Vielleicht_auch_Traeumen.pdf/33&oldid=- (Version vom 1.8.2018)