Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Noffel ist Koseform für den Namen Onofrius; ein Huntpiss dieses Namens stand aber damals bekanntlich an der Spitze der Gesellschaft und von ihm als dem Chef war eine Vollmacht zur Auszahlung erforderlich, wenn die Lindauer ihren Zweck erreichen wollten. Somit hatte die Ravensburger Gesellschaft eine Filiale in Antwerpen, welche Geld- und wahrscheinlich auch Warengeschäfte machte. Es lässt sich die Frage aufwerfen, ob nicht auch in dieser oder jener andern von den blühenden niederländischen Handelsstädten ähnliche Filialen bestanden, z. B. in Gent oder Brügge. Es ist mir aber nicht gelungen, eine Spur davon aufzufinden. Nicht viel befriedigender fällt die Antwort auf die andere Frage aus, welche Wege die Ravensburger einzuschlagen pflegten, wenn sie nach den Niederlanden reisten. An Weihnachten 1473 überfiel ein Trupp Soldaten ein paar Knechte der Huntpissgesellschaft und nahm ihnen die Warenballen, welche sie nach Flandern bringen wollten. Da durch den bewaffneten Angriff ein Geleitbrief des Herzogs von Burgund verletzt war, forderte Bürgermeister und Rat von Bern, welche sich der Beraubten annahmen, den genannten Herzog auf, die Thäter zur Strafe zu ziehen und die Rückerstattung der Waren zu erwirken[1]. In dem Brief der Berner ist der Ort, wo die That geschah, durch den Namen Monsfalcunus bezeichnet. Hiermit ist wohl das im Argonner Wald nordwestlich von Verdun gelegene Montfaucon gemeint. Es wäre Vermessenheit, hieraus den ganzen Weg zu konstruieren, den die Waren von Ravensburg bis dahin machten und weiter hätten machen sollen.


g) Deutschland.

Wie weit sich die Beziehungen der Huntpiss innerhalb Deutschlands erstreckten, darüber ist noch wenig bekannt. Mit Ulmer Kaufmannshäusern bestand, wie es scheint, eine engere Geschäftsverbindung und zwar mit den Besserern, welche sich, wie wir wissen, auch nach Ravensburg und Konstanz


  1. Urk. im Anh. Nr. VI.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Heyd: Die grosse Ravensburger Gesellschaft. J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger, Stuttgart 1890, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heyd_RV_39.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)