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d) Unteritalien.

Ladislaus Suntheim bezeugt ferner, dass die Ravensburger Gesellschaft in das Königreich „Appels (d. h. Neapel) gehandthiert“ habe. Man hat keinen Grund, dies zu bezweifeln, doch fehlt es mir bis jetzt an urkundlichen Belegen, welche dies unzweideutig darthäten. Möglicherweise liegt ein solcher vor in zwei Berner Briefen, welche aber eine andere Deutung zulassen. Die Stadt Bern verwandte sich nämlich wiederholt (6. Dezember 1474 und 8. März 1475)[1] bei dem König Ludwig XI. von Frankreich für Ravensburger Kaufleute, von denen mehrere in Bern zu Hause und bürgerlich seien, d. h. für die grosse Ravensburger Kaufmannsgesellschaft, bei welcher auch Bürger von Bern beteiligt waren. Güter im Wert von über 2600 rheinischen Gulden waren dieser Gesellschaft geraubt worden durch französische Schiffskapitäne, unter welchen ein „Columb de Honflor ex ducatu Normandiae“ eine hervorragende Rolle spielte. Mit ihrer Bitte um Bestrafung der Thäter und um volle Entschädigung der Betroffenen hätte sich die Stadt Bern selbst dann an den französischen König unmittelbar wenden können, wenn die Thäter Unterthanen desselben gewesen wären, die auf eigene Hand Seeräuberei trieben, aber es waren sogar in diesem Fall vom König angestellte Schiffskapitäne, und jener „Columb de Honflor“ ist kein anderer als der in Honfleur stationierte Guillaume de Casenove, welcher den Beinamen Coullon (Colon) führte[2]. Wo es galt, seefahrenden Nationen, in welchen Ludwig XI. Gegner sah, Schaden zuzufügen, da wurde dieser gefürchtete Gascogner mit seiner Flottille ausgesandt, und nicht selten hatten auch Unschuldige unter seinen Kapereien zu leiden, in welchem Falle manchmal die Herausgabe des Geraubten


  1. Urkunden im Anh. Nr. VIII und IX.
  2. Ueber diesen Seemann, welcher von einigen mit Cristoforo Colombo verwechselt worden ist, vgl. das Werk: Harrisse, les Colombo de France et d’Italie, fameux marins du XV siècle. Paris, libr. Tross 1874. Seine Piratenzüge fallen in die Jahre 1469 bis 1479; gestorben ist er im Jahr 1482 oder 1483.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Heyd: Die grosse Ravensburger Gesellschaft. J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger, Stuttgart 1890, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heyd_RV_27.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)