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Der Stil oder die Manier, für die sich ein Redner entschieden hatte, die er nun anzuwenden strebte, nannte man damals seinen ζῆλος.[1] Hatte er sich statt für ein berechtigtes γένος für eine παρέκβασις entschieden, so hiess es, κακὸν ἐζήλωσεν,[2] und sein Streben κακοζηλία.[3] In dem Worte liegt mit Nichten schon,


  1. Gute Definition bei Syrian zu Hermogenes Ideen I 3 Β. ζῆλός ἐστιν ἐνέργεια ψυχῆς πρὸς θαῦμα τοῦ δοκοῦντος καλοῦ κινουμένη. Hermogenes hatte ζῆλοι und μίμησις verbunden, wie auch Dionysios (z. Β. Lysias 2) thut. Natürlich redet man von verschiedenen ζῆλοι auch in anderen Dingen (Philodem Rhet. II 54), und die bewunderten Maler sind ἐζηλωμένοι (Philodem 1, 125), Kratinos heisst τἀ Ἀρχιλόχου ζηλώσας als Vertreter der ἰαμβικὴ ἰδέα (Platonius p. 6 Kaib.) u. s. w. Es bleibt aber immer ein Unterschied von μίμησις.
  2. Agatharchides 446a 20 tadelt, dass Hegesias ἐν αὐστηρώι πράγματι ἐξ ἀνάγκης κομψότητα διαφαίνει, weil es unangemessen ist, giebt aber zu, dass er τοῦ ζηλώματος ἐπὶ ποσὸν τυγχάνει. Sein ζῆλος geht also auf das κομψόν. Kein Gedanke an atticistische Opposition, auch nur an völlige Verwerfung des Hegesias, von dem er sogar sagt εἰ πρὸς ἐλεεινολογίαν λέγοι, ἐγγὺς τοῦ πρέποντος ἵσταται. Agatharchides selbst würde einem Atticisten asianisch sein; man lese z. B. die Beschreibung der Bergwerke genau 487b 34 ff., wo Photius die Schilderung des Unglückes der zur Zwangsarbeit Verurteilten übergeht, die der Verfasser ἐξετραγώιδησεν.
  3. Die Stellen meist bei Norden 1 69 u. ö., der freilich auf Beheim-Schwarzbach libell. π. ἑρμην. 38 nicht hätte verweisen sollen, der mit einem falschen Citate aus Polybios beginnt, das er abschreibt: er meint I 22, 10, wo jetzt aus den Handschriften κακοζηλωσία hergestellt ist. Das Wort fehlt bei Cicero, Philodem, Dionysios, ist wirklich Gegensatz des Attischen bei Sueton Aug. 86, ist wohl zuerst bei Demetrios Magnes (Diog. 1, 38) belegt, wo ein ῥήτωρ κακόζηλος Thales aus Kallatis verzeichnet ist. Bei dem Vater Seneca ist es häufig, aber im richtig weiten Sinne, 9, 25, 28 genus cacozeliae amaritudinem verborum quasi res aggravaturam petit. 9, 24, 15 geht es die διάνοια an. Der Rhetor π. ὕψους unterscheidet als Fehler οἰδοῦν μειρακιῶδες παρένθυρσον ψυχρόν, bei dem zweiten sagt er, dass namentlich das Streben nach ἡδύ in ῥωπικὸν καὶ κακόζηλον ausartet, und Demetrios sagt 186 ausdrücklich, dass er das κοινὸν ὄνομα κακόζηλον auf diese Ausartung des γλαφυρόν anwenden wolle; seine Zeit nenne auch das ψυχρόν so (239), das er unterscheidet. Dagegen bei Hermogenes π. εὑρέσ. 12, 256 Sp. (daraus III 118) umfasst es wieder in ganzer Weite διάνοια und λέξις. Auf gezierte πεποιημένα ὀνόματα wendet es Helladius 532b 19 an. Die Definition bei Diomedes 451, die Norden, bevorzugt, nimio cultu aut nimio tumore corrupta sententia deckt sich mit dem, was Demetrios den Gebrauch seiner Zeit nennt; mau darf urtheilen, dass dies die atticistische Polemik der augusteischen Zeit ist, die aber die im Worte liegende Weite bei den Griechen nie ganz eingeengt hat. εὔζηλος, εὐζηλία sagt man nicht (falsche Lesart Plut. Lyk. 21, falsche Conjectur Plin. Ep. 7, 12); aber ein Feind der Atticisten bildet [29] es, um den Vorwurf der κακοζηλία zu insinuiren, Cerealis Anth. Pal. XI 344 οὐ τὸ λέγειν παράσημα καὶ Ἀττικὰ ῥήματα πάντα εὐζήώς ἐστὶν καὶ φρονίμως μελετᾶν. Das gehört in die ‚zweite Sophistik‘.
Empfohlene Zitierweise:
Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff: Asianismus und Atticismus. In: Hermes. Zeitschrift für classische Philologie Bd. 35. Berlin: Weidmannsche Buchhandlung, 1900, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermes_35_028.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)