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Aussichten über das Leben auf ein ewiges Leben hinzielen; ja, wenn ihr zugebt, daß der allmächtige Gott, der seinen Sohn dem Tode entnahm, sich selber das alles schuldet, so könnt ihr mir entgegenhalten:

 Wozu brauchen wir ein ewiges Leben und zu welchem Zwecke soll es uns gegeben sein?

 Vielleicht etwa dazu, daß wir, wie jetzt etliche wähnen, einen süßen Schlaf mit Bewußtsein führen, ein schmerzloses, leidloses, aber auch freudloses Nirwana, ein Nichtssein, ein Schlürfen, daß ein Genußmensch werde aus einem Menschen der Pflicht? Brauchen wir dazu ein ewiges Leben, daß wir über alle menschliche Arbeit, Pflicht, Beruf, Aufgabe, Hoffnung, Erwartung mitleidig lächeln und, fern von allen Wechselfällen des Lebens, den Sternen zusehen, wie sie erglänzen, und die Sonnen in ihrem Laufe ohne Freude und ohne Harm betrachten und schließlich an uns selber entschlafen? Brauchen wir dazu ein ewiges Leben? Nein, dazu brauchen wir es nimmermehr. Ein Leben, das nicht wert ist, gelebt zu werden, weil es nicht anstrengt und nicht anstrafft und nicht anspricht, ein solches Leben brauchen wir nicht.

 Oder sollten wir ein Leben begehren und empfangen, das allerlei Lust und Vergnügen in sich schlösse, törichten Wünschen Raum gäbe und kindische Einfälle erfüllte? Brauchen wir ein Leben, das nicht auf die Fragen heiliger, ernstlicher, männlicher Wißbegierde,