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Der Franzose sieht in seinem Vaterlande die eigene Ehre und das größte Glück. Aber der Deutsche vergißt, daß kein Land eine größere, reichere, höhere Geschichte hat als das seine, um das seit vielen hundert Jahren Gott sonderlich sich müht. Deutsche Art hat sich in tiefer Stille sammeln dürfen, im Kampf mit der Unwirtlichkeit des Bodens und der Ungüte der Nachbarn erstarken können. Es hat die Kämpfe der Menschheit um das Heil der Seele, um Behauptung des Lebens durchlitten, hat Christo einen herrlichen Tempel gebaut, den Luther mit der Treue reinigte und mit der Wahrheit der Liebe schmückte. Alle Staatsgebilde hat es in seine Grenzen aufgenommen, der wahren Freiheit eine Gasse gebrochen und für ihren Ruhm viel edlen Harfensang und -klang entlockt. Es hat gedacht, wenn andre träumten und gewacht, wenn andre Völker schliefen, gekämpft vor dem Streit, um in ihm zu siegen und für die Welt gelitten, um sie zur Freude zu stimmen. Die deutsche Geschichte ist ein Empfang der Gnade aus Kraft zu Kraft. An diese Geschichte mit ganzem heiligen Ernste sich zu halten, sie zu erfassen, zu durchleben und zu behaupten, bewahrt vor Untreue, die Undank ist. Wenn wir geschichtlos werden, so werden wir entwurzelt und bald welk. Denn der Geschichte vergessen heißt keine Zukunft wollen und nur der Gegenwart sich anbieten, daß sie nehme, was sie haben und vorenthalte, was sie geben kann.

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 Deutscher Mann, habe den Mut, dein selbst zu sein, verbanne den Schwall der Fremdwörter, die Bildung beweisen sollen und Armut beweisen, lerne deine Sprache lieben, in der Gott am herrlichsten zu den Vätern geredet hat, verwelsche nicht, tilge aus deinem Hause allen Zierat und alles Unechte aus und sei wahr, echt und klar. – Der Schein entrinnt, und die ihn lieben, werden Schaum und Schatten. Sie geben ihre Kraft preis und lehnen sich an fremde an. Deutsches Wort sei in das Gefühl höchster Verantwortlichkeit eingetaucht, knapp und kurz, schlicht und deutlich. Was soll das viele, wo die Rede mit Ja und Nein hinreicht? Deutscher Mann, sei keusch! Denn wer sich und seine Kraft

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Hermann von Bezzel: Unsere Feinde. , Ansbach ca. 1915, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Unsere_Feinde.pdf/13&oldid=- (Version vom 10.9.2016)