Seite:Hermann von Bezzel - Etliche Mahnworte zur Frauenfrage.pdf/6

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

zu wollen und geistreich zumal, je leichter es manchem dünkt, von dem alten Evangelium abzurücken, desto mehr bitten und beschwören wir Euch, die das Evangelium froh und frei gemacht hat, treu zu bleiben. Nicht Verfeinerung, aber auch nicht Verkleinerung!

 Man hat uns gesagt, das Christentum müsse nach den Gesetzen der fortgeschrittenen Vernunft bemessen und korrigiert werden, es sei zu viel Überlebtes, zu viel für eine vergangene Zeit Gesagtes darin. Je mehr wir aber Christus und sein Wort verkleinern und je mehr wir verzichten, desto leerer wird es in unseren Häusern. Männer können ihre Zweifel eine Zeit lang unbeschadet tragen, eine gewisse Willensreaktion läßt sie nicht zur ganzen Furchtbarkeit gereichen und ausreifen. Aber die Frauenseele, einmal dem Zweifel erschlossen, wird nicht bloß in Einem Betracht an Christo irre, sondern er erscheint ihr immer kleiner und geringer, jedes seiner Worte ganz unbedeutend. Von Christi Verwerfung geht sie über zur Zurückstellung der göttlichen Offenbarung und das Haus, das sie freundlich aufnahm mit dem Kreuz auf dem Giebel und mit den teueren Trostworten, wird im Frauengemüt eine große Trümmerstätte, über die der Wind klagend hinzieht. „Ich habe meinen Herrn begraben und weiß nicht, wo ich ihn hingelegt habe.“

 Ich bin gekommen, spricht der Herr. Lassen Sie bei diesem einfachen Jesuswort, daß er die Ewigkeit verlassen und in die Zeit gekommen und aus der Zeit heimgekehrt ist, um wieder am Ende der Tage die Welt zu vollenden, lassen Sie bei diesem einfachen Jesuswort Ihr Herz ruhen! Eine fromme Frau ist eine wunderbare Gabe Gottes, eine überzeugende Gewalt, vor der die Spötter schweigen und die Zweifler in Andacht sich neigen, eine Frau, die Christum ins Herz genommen und sein Wort in den Willen gesenkt hat, die keinen anderen Standort kennt als unter dem Kreuz des Erbarmers, ist für weite Kreise, nicht nur für die enge Familie, wo der ungläubige Mann von ihr bekehrt wird, eine unwiderstehliche Kraft, eine unbezwingbare Apologie Jesu Christi. Das sind keine phantastischen Märlein, sondern aus der Geschichte der Kirche wohl bewährte Tatsachen, und wir alle, die wir das Glück haben oder hatten, fromme Mütter zu besitzen, rühmen als das Höchste, was unser Leben verklärte, daß sie uns beten lehrten: Abba, lieber Vater. – Elisabeth, die Braut des großen Theologen Kaspar Cruciger in Leipzig, träumte einmal, daß sie auf der Kanzel stehe und an Stelle ihres erkrankten Bräutigams der großen Nikolaigemeinde predige. Schamrot gestand sie diesen Traum ihrem Verlobten, der sprach: Elisabeth, die Predigt des Weibes unter der Kanzel ist weit machtvoller als wie unsere auf der Kanzel, wie denn auch, was auf der Kanzel verkündigt wird,