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befehle wenig, aber das Wenige voll und ganz und sehe besonders in Kleinigkeiten auf den Gehorsam. Eine Lehrerin muß ein gutes Gedächtnis haben. Wenn ich einmal gesagt habe: Die Fensterriegel stehen so, so stehen sie bis in die Ewigkeit so, und wenn ich sage: So setzt man sich hin, so wird von der kleinen Forderung auch nicht ein Jota abgedingt. Wer nicht den Mut hat, seinen Befehlen Nachdruck zu verleihen, der befehle überhaupt nicht, der gehe aber auch aus dem Lehramt, denn jemand, der nicht herrschen kann, kann auch nicht lehren.

 Man gehe vor die Kinder nicht mit dem Schmuck der eigenen Leistung – das ist auch etwas, das gegenüber der Vielwisserei absticht –, man gehe vor die Kinder, daß sie merken, wie man innerlich zittert, zittert vor dem heiligen Gott, der da ungesehen zuhört, der da auf jedes Wort merkt, zittert auch vor dem Weh, das der Heiland über das Aergernis ausspricht, daß eines dieser Geringsten, die an Ihn glauben, geärgert werde. Wenn die Kinder merken, unsere Lehrerin hat eine Gewalt, vor der sie täglich in den Staub sich beugt und eine Macht, die den ganzen Willen beherrscht, und diese Macht heißt Wahrheit, dann werden sie sich auch in den Staub vor dieser Macht beugen. Es ist mir ein hoher heiliger Ernst, daß unter unseren Lehrdiakonissen die rechte Einigkeit bestehe. Lehrer sind geborene Aemulatoren, geborene Eifersuchtsleute. Es gibt nichts Jämmerlicheres als uneinige Lehrer an ein und derselben Schule, und es gehört eine große Heiligungskraft dazu zu sagen: Freue dich auf den nächsten, da bekommst du alles weit besser, reiner, reicher. Das ist unter Diakonissen dasselbe, die mala aemulatio, das schlechte Wetteifern und die armselige Streiterei. Wer nicht in der Kraft Jesu sagen kann: Wenn nur das Beste geschieht, auch wenn es mir nicht zu vollbringen beschieden ist, wer nicht in der Nachfolge Jesu sagen kann, wenn nur den Kindern ihr Recht wird, auch wenn ich es ihnen nicht ganz geben kann, soll vom Lehramt wegbleiben.

 Man sieht, es ist ein weites großes Feld, das der Lehrdiakonie in der Seelsorge sich erschließt. So gehe sie ihren großen Weg, lehre, lerne, sammle, vertiefe sich, erfahre, aber alles in Liebe mit dem Band der Vollkommenheit umwunden, die da ist der Gehorsam gegen den Meister. Lehrdiakonie sei rettende Diakonie, sei Zukunftsarbeit im höchsten Sinn. Lehrdiakonie sei werbende Kraft für die Seelen derer, die ihr vertraut sind, ob sie nicht noch einmal Jesu trauen wollen. Lehrdiakonie ruft durch Stadt und Land: Er ist es wert, daß man Ihm dieses erzeigt, Er hat uns in die Schule genommen und solches an uns getan. Lehrdiakonie ist die tägliche heilige Aufweisung der einer Perle, der zulieb man alles andere läßt,