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sagt Luther, „in jedermann tief geschrieben das Verlangen, daß uns jedermann günstig sei.“ Aber dem weiblichen Geschlecht ist es schwer, wenn es nicht alsobald Eindruck macht: lieber gehaßt als ignoriert werden. Aber dadurch hat manche Lehrschwester ihrem Heiland die Arbeit an den Kindern unerträglich erschwert, daß sie ihre eigene Person und deren Geltung den Kindern so sehr empfahl; statt daß sie schlecht und recht ihr Werk tat und einfach im Gehorsam der Pflicht vor die Kinder trat, hat sie da und dort an den Kindern sich innerlich versündigt.

 Ich deute da nur eines ganz kurz an. Es ist, meine Schwestern, eine Seelsorge an den Kindern, wenn man all die Liebes- und Zärtlichkeitserweisungen recht karg macht. Ich verlasse diesen Punkt aus sehr naheliegenden Gründen und deute nur an, den Kindern muß eine Hand das Höchste sein und genügen und alles andere erscheint mir nicht ziemlich und nicht gut. Dieser aus dem alten Rationalismus und falschen Pietismus hervorgegangene Zug, von dem Lehrer als dem „besten Freund der Kinder“ zu reden, sei einem lutherischen Christen fern.

 Das allererste ist der Gehorsam. Wird er nicht frei geleistet, so erzwingt man ihn. Zuerst heißt es, wir sollen Gott fürchten und dann erst lieben. Das Allererste, was den Kindern durch unser ganzes Wesen nahe gebracht werden muß, ist das Wesen der Autorität. Es ist nicht recht, wenn man gleich den ganzen Fonds, der in seinem Beruf liegt, aufzehrt um der lächerlichen Erfolge willen, eine gute Lehrerin geheißen zu werden und eine freundliche Art zu besitzen. Man trete vor die Kinder als vor den, der da spricht: Weiset meine Kinder und das Werk meiner Hände zu mir. Das soll das Geheimnis der Lehrdiakonisse sein, daß sie, eingesenkt in die Nachfolge des Erzhirten Jesus Christus, mit großem Ernst den Kindern sich ergibt.

 Zum zweiten: Man muß den Kindern auch etwas zumuten. Dieses leere Gerede, das der Vater aller Faulheit und Trägheit erfunden hat, der dabei doch dem Menschen die allermeiste Arbeit, fruchtlose, kraftlose Arbeit zumutet, das törichte Gerede von der Ueberbürdung, das sei fern. Wo nicht die Arbeit da ist, da ist nicht die Kraft. Wer nicht die ihm Untergebenen anstrengt, der ist selber nicht wert, Untergebene zu haben. Lasse man sich auch in der nächsten Zeit und bis in die fernsten Tage von diesen Worten nicht weiter übertäuben. Man wird mäßigen müssen, vor allen Dingen das rein Gedächtnismäßige, im übrigen aber wissen, daß es ein köstliches Ding ist, wenn das Joch in der Jugend getragen wird. Man