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6. Stunde.
Lied 150. Psalm 103.


Gebet: O Herr Jesu Christe, der Du jetzt auf dem Lobe aller vollendeten Heiligen und Verklärten täglich wohnest, und auch von uns das Lobopfer allezeit verlangst und annimmst, verleihe, daß um unseres kurzen und enteilenden Lebens willen seine Kraft der Dank und sein Friede des Dankes gnädige Annahme werde. Schenke uns Armen, daß wir, die wir jetzt im Staube Dich anbeten, dermaleinst der Sorge und der Sünde entnommen, hier vergessen, dort unvergessen bleiben mögen, um Deiner Liebe willen. Amen.











 Die mittelbare Seelsorge, die von Diakonissen ausgeübt werden soll, wird das Thema der letzten Stunden sein müssen. Von diesem Thema wollen wir alle die Berufe noch bestimmt begrenzt und erfüllt sein lassen, die einer Diakonisse Jesu Christi wahrhaft zugänglich sind. Da gelte zuerst: alle mittelbare Seelsorge gehe nicht von einzelnen Regungen, einzelnen Stimmungen und Erwägungen aus, sondern wie du selbst das Objekt der Seelsorge gewesen bist und bleibst dein Lebenlang, so sei du auch in deinem ganzen Wesen und Werden das Subjekt der Seelsorge. Wie du gegenständlich die Seelsorge empfindest, so übe persönlich die Seelsorge aus. Eine rechte Dienerin Jesu ist in ihrem ganzen Wesen und Sein, in dem was sie denkt, redet und tut, eine lebensvolle Seelsorge; indem sie ihre eigene Seele in den Händen trägt, erweckt sie auch in Anderen das Verlangen, für ihre Seele zu sorgen. Es war mir gestern so bedeutsam, daß ich heute nicht umhin kann, es einzuflechten. – Ich wollte für mich sein und ging auf den südlichen Gottesacker in München, der ja eigentlich der ruhigst gelegene ist. Ich wollte auch noch Gräber besuchen, deren eines ich ja selbst gesegnet habe, das Grab unserer Schwester Amelie v. Brück. Da war das erste Grab, vielleicht 8–10 Schritte vom Eingang, der erste Präsident des bayerischen Oberkonsistoriums Freiherr von Seckendorf, gest. 1828. Das Grab war vergrast, verwittert,