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Diakonissentum eine besondere Art der Innerlichkeit, die natürlich nicht bloß auf das Diakonissentum beschränkt ist, statthat, so ist die Begeisterungslosigkeit in der Diakonissenarbeit etwas so Ausleerendes, Entnervendes und Lähmendes, daß ihr gegenüber nur die ernsteste Aufmerksamkeit, damit kein Schaden angerichtet werde, und die treue Mahnung Platz greifen muß: Laß dich erleuchten meine Seele! Erwecke die Gabe, die in dir ist! Alle die Großen, die vor uns stehen, die großen teuren Heiligen, deren wir gedenken, alle Männer, die obwohl Fleisch und Blut dennoch überwunden haben in der Kraft Jesu, waren Männer der Begeisterung.

 Es ist vor wenigen Monaten ein Buch erschienen, – das Buch hat eine ganz interessante Vorgeschichte – in dem einer Menge von Naturforschern nachgewiesen wird, wo und wann sich zum erstenmal in ihnen die hohe geniale Gabe geregt habe. Das Buch hat der Anfrage eines vornehmen Japaners seine Entstehung zu verdanken. Dieser fragte einen Leipziger Professor: „Wann und woran erkennt man das Aufwachen des Genialen im Menschen?“ Und auf die Frage des Professors, warum er das wissen wolle, teilte er ihm den Auftrag seiner Regierung mit, sie habe beschlossen, im ganzen Japanerreich die Kennzeichen, an denen man das Aufwachen einer besonders bedeutenden Seele erkennen würde, zu überwachen und ins Auge zu fassen, damit die Bedeutenden gesammelt und für bedeutende Aufgaben erzogen werden könnten. Es ist dies eine rein weltliche Sache. Der Professor machte sich an die Arbeit und hat dann nachgewiesen, wo bei den Größen der Naturforscher diese hohen Gedanken – wir würden sagen – die unmittelbare Intuition erwachte. Ich habe das nur in Paranthese gesagt, aber darauf möchte ich hinweisen, wenn bei einem Menschen die Begeisterung für seinen Heiland eintritt: „Wir können es ja nicht anders, als daß wir von Ihm zeugen, was wir erlebt haben“, und einer alles, was ihm Gewinn war, für Schaden erachtet, dann freilich ist der rechte Ton gefunden und die rechte Arbeit begonnen.

 Aber ich gehe weiter. Unsern jungen Schülerinnen muß – und das möchte ich so recht beim Scheiden betonen – immer wieder die Seelsorge zugeführt und angedient werden, welche in den Grund geht. Wir haben eine Menge von überkommenen Begriffen; wir gehen vom Katechismusunterricht in den Konfirmandenunterricht, vom Konfirmandenunterricht in die Christenlehre, von der Christenlehre in die blaue Schule und operieren mit einer ganzen Menge edler herrlicher Katechismuswahrheiten. Wir reden von Bekehrung und Wiedergeburt, von Rechtfertigung und Heiligung; wir wissen etwas zu sagen von Erweckung.