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mäkelnde Art hat nie etwas getaugt. Bleibt bei eurer mütterlichen Freundin, nehmt sie auch in ihren Fehlern zu gute, betet, daß ihre Fehler in Barmherzigkeit weggetan und ihre Armut verklärt werde. Das wird ein größerer Dienst sein, als wenn ihr seitab schmälend und schmähend steht und laßt Zion verfallen und seine Mauern versinken; und seht nicht trüb darein, wenn die Stürme kommen!

 Was aber, geliebte Christen, läßt die Heimat, die der heil. Geist gibt, in tröstenden Worten, in Gnade und Güte so sonderlich wert erscheinen? Das Volk, das darinnen wohnt, wird Vergebung der Sünden haben. Das kann ich euch, ein Diener meiner teuren evangelisch-lutherischen Kirche, als die einzig gewiß bleibende und große, selige starke Erfahrung bezeugen und wills bezeugen mit getrostem Mut, bis mein Mund sich schließt. Keine Kirche treibt den heimatlichen Artikel vom Frieden des Kreuzes, vom Segen der Erlösung, von dem Trost des hohepriesterlichen Fürbitters treuer, ernster, reiner, als eure Kirche. Da wird die Heimat erst groß, wenn sie dem Irrgänger verzeiht. Dem verlorenen Sohn ist das Vaterhaus am teuersten geworden, da er es wiederfand und statt des Fluches des Vaters Tränen sah. Da werden alle, alle, die müde sich geweint, sündig, sich gesorgt, töricht sich zerarbeitet haben, getröstet. Er sieht entgegen, Er geht entgegen, Er spricht, daß uns die Augen übergehen in solcher Huld: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ Ihr sollt an der Heimat ergötzt sein. Glaubt an die Heimat des heil. Geistes, der das Wort euch erklärt, die Gemeinschaft euch erwirkt und aus lauter Güte Trennendes, Scheidendes, sündig Vereinzelndes vergibt.

 Aber – und das sei das Zweite, was ich kurz euch ans Herz lege – glaubt an das Heimweh des heil. Geistes. So viel ich weiß, ist in der ganzen heiligen Schrift nur ein Wort des heiligen Geistes gesagt und dieses einzige Wort steht im letzten Kapitel der Offb. St. Johannis, der Geist spricht: „Komm!“ Mitten im Weltgebrause und im Rauschen der Ströme der Leugnung und Verneinung, in all der Angst und stürmischen Zeit geht der heilige Geist als ein Fremdling, der die Heimat bereitet und als ein Gast, der in der Nacht den Morgen herbeisehnt, durch die Welt und täglich hört die Seele, die ihn liebt in seufzender Kreatur, in der Angst der Kirche, in der zerissenen Zeit, im Mißklang der Gebete, im Aufschrei der Getäuschten den Schmerzensruf: „Komm, Herr Jesu.“ Wenn der werte heilige Geist kein anderes Anliegen hat, als daß er, den zu verklären er gekommen ist, aus der verklärten Unsichtbarkeit hervortreten lasse und seine Welt, seine Kirche verkläre, und wenn der werte heilige Geist kein anderes