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das Wort lieb haben und bewahren. Ich glaube eine heilige Kirche, die bei all ihrer Zerrissenheit und Unwürdigkeit und Armut ein Kleinod hochhält und um dieses Erbe feilscht. Ich glaube an den heiligen Geist, der die Gemeinschaft der Armen auf ein armes Wort erbaut, durch ein geringes Wort erhält, mit einem unscheinbaren Wort verklärt. Und indem sich diese Gemeinschaft zusammenschließt, findet die eine Seele das, die andre ein anderes groß zu rühmen an diesem Wort, hoch zu halten von dieser Rede, alles so alt bewährt, alles so neu verklärt, alles so in Vergangenheit durch Kampf und Streit erprobt, alles für die Gegenwart so sieghaft freudig, so stolz und froh und kühn. Ich glaube eine heilige, christliche Kirche, in der mir der heilige Geist, so arm und unwohnlich sie erscheint, doch ein heimisches Räumlein bereitet hat, da ich den blauen Himmel mit all seinen Sternen über mir und den Gruß des Friedens aus der Heimat um mich und das Gebet meines hohenpriesterlichen Hausherrn vor mir sehe. Ich glaube an den heiligen Geist, der mir die Heimat gewährt. Und ihr glaubt weiter, daß alle die Gegensätze, die euer geliebtes Mutterhaus umziehen, dem ihr wahrhaftig nicht nur äußerlich eingegliedert werden sollt, in dem einen vollstimmigen Chore sich ausgleichen und ausklingen, in dem Kyrie der Tiefe, in dem Halleluja aus der Höhe: der Du trägst die Sünde der Welt, erbarme Dich über uns; Lob sei Dir ewig, o Jesu! – Ich glaube eine Gemeinschaft der Heiligen, die dieses Mutterhaus in aller Unvollkommenheit stückwerkmäßig und arm, doch darstellen will, weil immer wieder zum Kreuz die Zuflucht geht, wenn die Not hochkommt und vom Kreuz die Arbeit geht, weil dort die größte Arbeit geschah. In dieser Gemeinschaft der Heiligen, liebe Schwestern, werdet heimisch. Wenn euch auf Erden etwas höher erscheint, als die Darstellung des Gottesgedankens im heil. Geist, dem eure Kirche und euer Mutterhaus dient, dann seid ihr nicht mehr auf dem rechten Weg. Und wenn eine Diakonissin, eine Dienerin Jesu, die Er nicht nur durch das Sein des Dienstes, sondern auch durch das Sosein gnädig geführt hat, gegen das Sosein geschichtlich gewordener, geschichtlich verfestigter Gnaden mit Mißtrauen sich wappnet, so hat sie die Pflicht zu lösen, was innerlich los ist und zu scheiden, was Gott nicht mehr verbindet. Auch wenn über euer geliebtes Mutterhaus trübe Tage einmal kommen – und es sind immer trübe Tage gewesen – hält er euch, daß ihr um so inniger euch aneinander schließt und um so treuer euch die Hand reicht und um so herzlicher für euch betet, hoffend glaubt und Glauben wirkend, denn ihr habt eine Gemeinschaft der Heiligen. – Die Kritik zieht wie eine Kälte herauf durch die zerbrochenen Fenster und all die erkältende