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Liebe für die Sache an sich gefaßt hätte, das zu sagen wäre Unwahrheit. Dann ist diese tröstende Zeit dahin gegangen, das Haus hat einem treuen, hingebenden, mit dem Herrn Christus und Seiner Nachfolge tiefen Ernst machenden Seelsorger ins Grab nachgesehen. Das habe ich immer bei dem seligen Rektor bewundert, die Innigkeit, auch da wo ich sie nicht teilte, die Einfachheit der Liebe zu Jesu auch da, wo sie meinen Worten, meiner Art vielleicht nicht entsprach. Es ist ja doch nur Hochmut, wenn man meint, die eigene Art sei besser wie die des Nächsten. Ich habe oft gewünscht, die Gabe, hinter den Dingen das Schöne zu sehen, mehr zu besitzen, als immer nur vor den Dingen nach dem Schönen zu trachten. Ich habe freilich bei der großen Treue, die der selige Rektor dem Einzelnen und den Einzelnen zugewendet hat, mich damit getröstet, daß die Früchte dieser Seelenführung in der Ewigkeit erst recht kenntlich würden, wenn sie in der Zeitlichkeit mir oft zu verborgen schienen. Ich habe immer wieder meiner Seele gesagt, wenn sie darüber Angst trug, ob diese intensive Seelsorge auch wirklich das zeitigte, was man christliche Ehrlichkeit und christliche Gründlichkeit heißt, daß Gott der Herr besser sehe als sein kurzsichtiger Knecht und daß die Ewigkeit manches herausstellen wird als Gabe, was dem armen Menschen als Mangel erscheinen wollte. Es sind hier Dinge mit unterströmt, die ich besser verschweige und die ich als eine Zucht für meine Seele lieber vor Ihn bringe. Es ist durch all die Zeit, die jetzt 20 Jahre hinter uns liegt, immer wieder etwas wie Freude gezogen und diese Freude blieb die Stärke. Ich habe immer gesehen, auf wen der selige Rektor nicht mit seiner Frömmigkeit einwirken konnte, für den blieb er verschlossen. Ich weiß, das ist das Höchste für den, der gewonnen wird, und das Schwerste für den, der sich nicht gewinnen läßt. Aber freilich kenne ich in der Erziehung noch einen andern Faktor, und den Faktor ausgetan zu wissen, wäre mir ein großer Schmerz, es gibt auch einen Faktor des unmotivierten Zwanges; wo man nicht mit dem, was man geworden ist, einem Menschen beikommt, soll man mit dem ihm beikommen, was man sein soll, und das, was man nicht erreicht durch die Frömmigkeit seines eignen Wesens, das muß man erzwingen um der Sache willen, in die man gemeinsam hineinwachsen will. Man verzeihe, wenn Sachliches und Persönliches jetzt immer mehr zusammen fließen. Es ist ja doch auch ein Stück Leben, was zu Ende geht. Ich weiß sehr wohl noch den Freitag Abend, wo die erste Nachricht von dem Tode meines Vorgängers an mich drang und zugleich eine erste, wie mir schien überaus verfrühte und darum auch nicht gerade zarte Hinweisung auf das Kommende. Man darf das