Seite:Hermann von Bezzel - Einsegnungs-Unterricht 1909.pdf/109

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

die noch wenig befähigt waren, sie zur Reife zu erheben, das steht jetzt vor dem Herrn. Ob nicht z. B. mit der manchmal doch zu tief und zu weit gehenden Scheu vor allem kirchlich Verfaßten an dem Ort, wo die Ordnung so reich blüht, zu viel geschah, wage ich nur anzudeuten. Aber was der selige Pfarrer, der kein Heiliger war und es am allerwenigsten sein wollte, dadurch gefehlt haben mag, daß er Sachliches in persönlichem Gewande vortrug und Persönliches nicht in das Sachliche verklärte, davon hat ihn sein Herr überreichlich losgesprochen und hat ihm einen Namen gegeben, wie ihn die Großen auf Erden haben; der Name heißt: Er hat an dem, das er litt, Gehorsam gelernt. Das ist mir immer beim Bild Löhes so groß geworden, die kirchenpolitischen Allüren, in denen manche Darstellungen Löhes eine neue Offenbarung gefunden zu haben meinen, die damals nicht zeitgemäßen, aber später gewiß doch zeitigen, Theorieen treten mächtig zurück gegenüber dem Ernst eines Mannes, der all seine überreichen Gaben und all die Kraft des Könnens und So-Könnens in den Gehorsam seines Heilandes legte. Wäre Löhes Leben sonniger verlaufen, so wäre Neuendettelsau im Anfang verweichlicht und verweibischt; wäre auf des seligen Pfarrers Arbeit ein besonders blendender Sonnenstrahl gelegen, so wäre die Signatur dieses Hauses der Genuß geworden, und mir ist der allerordinärste materielle Genuß ethischer, sittlich noch begreiflicher als die Luxurierung in geistlicher Weise. Es haben manche Zeichen daraufhin gedeutet, daß ein Abbiegen zum geistlichen Genußleben und geistlichen Schwelgen am hiesigen Ort eintreten könnte. Wenn ich etwas für Neuendettelsau erbitte, das als Stück meines Lebens auch ein breites Stück meines Gebets einnehmen soll, so wäre es immer das: Halte diese Arbeit im Ernst der Zucht und halte von ihr zurück das Weh des Genusses. So oft ich am Grabe des seligen Pfarrers gestanden bin – und in früheren Jahren suchte ich es jede Woche einmal möglich zu machen, – so war mir das gewiß, nur durch das Leiden des Verzichtes und durch den Ernst, jederzeit abzubrechen, und durch den Mut, nie etwas für sich selber zu begehren, führt der Herr Christus die Kriege und die Sache Seines Reiches. Wenn ich dann zurückschaue auf die Tage seiner Schwachheit, so meine ich, Neuendettelsau hat – alle Sünde zugestanden und zugegeben – auch in den Tagen der Schwachheit einen guten Kampf gekämpft. Es ist nur etlichen unter uns noch ganz bekannt, die meisten wissen das ja jetzt vom oberen Lichte aus, welcher Gefahr der Zerklüftung und Parteiung das damals 18 Jahre alte Werk ausgesetzt war. Ich kenne die alten Akten und habe sie nie ansehen können ohne den Lobpreis Gottes, der mit einer kurzen