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licht sein und durch seinen Dienst Licht werden. Wenn es aber von diesem durch Gnade verpflichtenden Vorzug abirrt, so wird Gott die Finsternis hereinbrechen und die Heidenwelt gleich einem Katarakt über das Heilige Land hereinströmen lassen und nur einen kleinen Rest durchretten, groß genug, um seines Lichtes Träger, und demütig genug, um es aus Gnaden zu sein (12, 5. 6). In Erlösung eines Volkes will er allen Völkern das Heil verkünden und aus der sinaitischen Thora die zionistische aufrichten, aus dem Gesetz die Gnade werden lassen, die soviel größer ist, als sie universalistisch alle umfaßt.

 Zwischen den beiden Polen, dem Zorneseifer, der zur Furcht vernichtet, und dem Gnadeneifer, der zur Beschämung befreit, zwischen den verfluchenden Gedanken des Sinai und den ewig rettenden von Zion geht der Name durch die Prophetie des Evangelisten unter den Propheten, bis die Höhe in dem Worte Jes. 57, 15 erreicht ist. Das ist Gottes Heiligkeit, daß sie zu dem Verlassenen sich niederläßt und des Verstoßenen sich erbarmt. In minimis Deus maximus; „in dem Kleinsten ist Gott am größten“. Wie im Wortspiel der Heilige in den Heilenden übergeht, hinwiederum das Heil zur Heiligkeit wird, so ist es Gottes Selbstbewahrung, die denen, welche ihn wollen und nach ihm sich sehnen, zum Frieden erscheint. Es sind Rätsel der Geschichtsentwickelung, die der auf der Warte, da man Zeichen und Zeiten prüft, stehende Prophet erschaut. Fremde Völker treten in Gottes Erbe, von ihm gerufen, weil sein Hans voll werden soll, aber in ihrer Mitte hebt das Sehnen der Heimat an, welches über Volks- und Landesgrenzen alle Mühseligen zu heiliger Verständigung zusammenführt. Es sind Zorneswetter, die über Gräbern hinziehen, aber aus ihnen leuchtet der Gnadenbogen eines ewigen Treu- und Kindesbundes hervor. Wo man ihn verwirft, bringt man sich selbst ins Unglück; wer aber sich verwirft, der wird errettet.

 Unbekümmert vom Toben der Völker und den drohenden Katastrophen, die Weltwenden heraufführen, seines Weges, der hoch über Menschenwege geht, allzeit gewiß schreitet er durch tiefe Wasser, und ob man seinen Fuß nicht kennt, so ist er doch strenge und machtvoll gegen alle Widersacher, während er das arme Gras am Wege linde verschont. Im Neuen Testament ist Jesus, der Herr, in dem die göttliche Heiligkeit mit aufgedecktem Angesicht erschienen ist, der Heilige Gottes, aus ihm geboren und von ihm erkoren, allzeit angelaufen und doch gelassen, allerorts

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Hermann von Bezzel: Die Heiligkeit Gottes. Dörffling & Franke, Leipzig 1916, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Die_Heiligkeit_Gottes.pdf/16&oldid=- (Version vom 9.9.2016)