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Gottes in Zorn und Gnade betont, die schließlich ein und derselben Wesentlichkeit Ausdruck, nur nach verschiedenen Seiten gewendet ist.

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 Man wird also wohl betonen dürfen, erstlich, daß die Heiligkeit Gottes, auch abgesehen vom Kreatürlichen, als Selbsterfassung und Selbstbehauptung besteht, sodann, daß sie in der Reaktion gegen die Sünde sich durchsetzt, die drittens zur Rettung des Sünders gereichen will. Der göttliche Liebeszorn spricht doch: „Fürchte dich nicht“ zu dem einen, um dem anderen zuzurufen: „Ja, vor dem fürchte dich!“ So zeigt Gott Seinen Willen als den das Geschaffene für den Schöpfer bestimmenden, weil es nur in ihm leben kann, als den, der behauptet und geltend macht und nicht rastet, bis er die Werke, seines Wesens Abbild in ihm wieder aufgenommen sieht, und darum ist er heilig. Nicht eine Allmacht, die willkürlich schafft und aus Laune das Geschaffene vernichtet und schonungslos zerstört, um an den Tränen der Kreatur sich zu erquicken, ist Gottes Art, sondern in der sich durchsetzenden Allmacht liegt letztlich die Liebe verborgen, die sucht und wirbt, wo sie nötigen und zwingen könnte, eine Allmacht, die ihre höchste Größe in der Beachtung der selbstgewollten und selbstgezogenen Schranke des Menschenwillens bewährt, daß sie sich vor seinem Entscheid beugt, gnädig auch in der Verwerfung, die der Mensch sich erwählt und in deren Vollstreckung er seine Wahl gefunden hat. Heiligkeit ist die Sittlichkeit der Allmacht, die zielsetzliche Beharrung Gottes auf seinem Willen, nach dessen Bewertung der Mensch sein Los entscheidet. Wenn er willentlich in Gottes Meinung eingeht, die er sich so zueignet, daß er in ihr die seine und in der seinigen sie wiederfinden mag, ist auch der Mensch heilig, und nicht sowohl auf einem physischen Prozesse der Rückkehr in die Urkraft, aus der er hervorging, sondern durch den materiell freien Akt der Selbstbestimmung für eine ewige Bestimmung wird er dem Heiligen nahe gebracht, in ihn eingehend, aber nicht in ihm aufgehend (Lev. 11, 44. 45). Heiligkeit auf Gott gesehen ist Selbstbehauptung, auf den Menschen gewendet Mahnung zur Entscheidung, deren Ergebnis jeweils und immer zu Gott führt, entweder weil sie will oder obgleich sie nicht will, einmal zum Leben in ihm, das anderemal zum Leben wider ihn, das schließlich auch seine Ehre ist. Denn Selbstvernichtung oder Hinzehrung des Gottwidrigen, wie seit Origenes die Endlichkeit des Bösen gehofft wird, wäre eine Verselbständigung des Todes als Nichtseins, während der Tod doch Leben der Abhängigkeit

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Hermann von Bezzel: Die Heiligkeit Gottes. Dörffling & Franke, Leipzig 1916, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Die_Heiligkeit_Gottes.pdf/12&oldid=- (Version vom 9.9.2016)