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heiligt die Gedankenwelt und weiht und verklärt die Phantasie, die ihm nicht Spielplatz der finsteren nächtigen Gedanken sein darf, sondern Ruheort sein soll, da Gott seinem Kinde naht, daß es in Erschrockenheit ihn erschaue und mit sonnenhaftem Auge die Sonne erblicke. Jesus greift prüfend hinein in die Tiefen des Menschenherzens, aus dem die argen Gedanken herausgehen, die so viel sind als die gottwidrigen Taten, denn er sieht in der Wurzel Blüte und Frucht, am argen Baume die Frucht des Verderbens. Die leere lose Rede sieht er bebend vor dem hineilen, dem sie Stand und Wesen verdankt und ihn in und vor der Ewigkeit verklagen (Matth. 12, 37), darum betet er, daß die Seinen in der Wahrheit geheiligt werden mögen und heißt sie im Lichte wandeln als Lichter der Welt und in ätzender Selbstkritik Salz bei sich haben, damit sie nicht stumpf und stumm gegen die Fäulnis und ohne Würze und Weihe für Fades und Leeres hinausgeworfen und zertreten werden. Wenn das von Gott geschenkte und zu Gott eingestellte Auge ein Schalk ist, dann ärgert es weder noch bessert es, sondern es vermittelt Finsteres und liebt es. Aber das ärgerliche Auge gilt es auszureißen, den Eindrücken, die es, von der Hölle geblendet, vermittelt, abzusagen und lieber die Hand, die zur Tat und Untat fähig und freudig war, abzuhauen, als mit gebundenen Händen zur Hölle zu fahren.

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 Von der größten Wichtigkeit für die richtige Selbstbehandlung, und Selbsterziehung ist es zu wissen, daß alle Unkeuschheit, welche die göttliche Bestimmung der Geschlechter für einander nicht achtet und die Ordnung ihrer Erfüllung in Gedanken, Wort und Werk nicht heiligt, sondern aufhebt, prinzipiell verkehrte Geistes- und Herzensrichtung ist, welche den natürlichen Trieb gottwidrigen Zielen zulenkt. Geistliche Diät sichert mehr denn die leibliche (1. Tim. 4, 8), denn die Potenz des leiblich sarkischen Triebes kann längst schweigen, während die Unkeuschheit der Gedankenwelt den Geist zu knechten nicht abläßt. Man wird eben nicht durch Abgewöhnung oder durch Alter gleichsam von selbst keusch, es wäre sonst ungerecht, wenn nicht alle zu Jahren kämen, sondern durch rechtschaffene Bekehrung. Andrerseits gibt der Apostel wohl zu bedenken (Röm. 11, 14) wie die Stärke des natürlich-leiblichen Triebs zum Substrat verkehrter Herzensrichtung wird, also daß physisch-diätetische Leibespflege wohl von nöten ist. Sein Herr warnt vor Beschwerung in und mit Genußleben, weil sonst der böse Tag den Sichern und Geistesträgen überrasche und übermanne. Wer sein Leben in Unreinheit führt, hat kein Teil am Reiche Gottes (I. Kor. 6, 9, Eph. 5, 5, Offbg. 22, 15). Der Akt, der außer der Ehe, in der gottgeordnete Zwecke auf geordnetem Wege erfüllt und erreicht werden mögen, sich genügen und Früchte zu eignem feilen Genießen brechen will, ist eigentlichst Preisgabe des Leibes, dieses Geistestempels in seinen geheiligtesten Beziehungen, Aufsagung und Bruch der Gemeinschaft mit dem, dessen heiliges Geistesleben unseren Leib gebenedeit und über alles geehrt