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Gotteskraft sich entziehen und der überzeugenden Gotteswahrheit sich verschließen kann. Aber dreierlei hat die Kraft, den Auferstandenen festzuhalten. Erstlich: man muß mit Maria von Magdala die Gewalt böser Geister erfahren haben. Nenne du den Geist des Hochmuts, des Neides, den Geist der Begehrlichkeit oder des Gelüstens, den Geist der Bitternis und den Geist des Zweifels, der seiner nie mehr froh und seiner nie mehr satt werden will, und sprich du von den Geistern, die allem widersprechen, was Leben heißt und dir zurufen: Tor, der du von einem Kommenden er wartest, was das Gegenwärtige dir weigert, und nenne du den Geist der Freude an der Sichtbarkeit, daß dir das Ärgernis keine Kraft und die Torheit des Kreuzes keine Weisheit ist. Wem der Herr auf sein Ringen diese Geister gebannt hat, der hat ein Ostern. Ein solcher Mann hat wie Maria von Magdala die Aufgabe und den inneren Trieb, aus seiner Gabe und Habe dem Herrn mitzuteilen. Justin der Märtyrer sagt in einem seiner Gespräche: „So gering auch meine Kleinheit sein mag, so hätte ich doch gern etwas Großes von Christus ausgesagt.“ Die Kirche Jesu Christi, die erlöste Gemeinde unseres erhöhten Herrn, erwartet, erbittet, versieht sich zu Ihnen, daß sie etwas Großes von Ihrem Gott und Heiland aussagen. Daß unsere gebildeten Männer sich vorm Kreuz flüchten und unsere sogenannten Fortgeschrittenen einen Toten umringen, daß sie auf das Grab dort hinstarren, als sei es geschlossen und schließlich als höchste Weisheit ein armseliges „Vielleicht“ erbringen, das sei Gott geklagt. Aber wir, die in aller Fährlichkeit des Lebens, durch alle Widerwärtigkeiten des Berufes, durch alle Schrecknisse des Widerspruchs böse Tage eben in den Tagen des Treuseinwollens durchgelebt haben, – möchten, können es nicht ändern. Wir könnten es auch leichter haben, wenn wir Jesu Grab und Jesu Grabessieg umdeuteten. Wir könnten auch wohlgelittener sein, wenn wir mit Redeblumen das Geheimnis des Todes Jesu umflechten und umschmücken würden, als daß wir die Dornenkrone dem Todesüberwinder aufs Haupt setzten. Wir könnten auch lebensfreudige und -mächtige und wohlangesehene Leute sein, wenn wir das Grab leichthin überdecken und das Kreuz glätten und die Osterbotschaft als eine fromme und frohe Dichtung etwas zur Seite stellen wollten.

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 Aber um des Trotzes willen, der Männern geziemt, und um der Treue willen, die Knechten so wohl ansteht, und um der Zutätigkeit willen, die wir dem Freunde schulden, sprechen wir: Wir sind Zeugen seiner Auferstehung und wollen der Welt sagen, daß „er lebt und auferstanden ist, daß er in unserer Mitte schwebt und ewig bei uns ist.“ Mit Luther, dem Vater und Sänger der Kirche, wollen wir bekennen: „Es war ein wunderlicher

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Hermann von Bezzel: Der erhöhte Herr. Furche, Berlin 1914, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Der_erh%C3%B6hte_Herr.pdf/8&oldid=- (Version vom 5.7.2016)