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Geistes an, wir schonen sein, wir ehren ihn, wir schätzen und schützen ihn, wir bewahren ihn vor allem Unreinen, allem Gemeinen und dem, was die Sache zu nennen mir verbietet. Wir bewahren ihn, damit Ostern aus ihm herausdringe und die Lebensgedanken ihn ganz übermächtigen. Denn das ist Ewigkeit und ewiges Gericht, daß der Leib ganz gestaltet wird nach der Innengestalt, die er birgt. Um der Gerechtigkeit willen muß der Leib entweder von den Gedanken, unter denen er gelitten, befreit und durch die Gedanken, an denen er sich erquickt, verklärt werden, oder er rächt sich für die bösen Gedanken und sinkt in den Abgrund. Das ist Gerechtigkeit im Himmel und auf Erden, daß der Leib ganz nach der Gedankenwelt bestimmt wird, die ihn Zeit seines Lebens durchwirkte und durchwohnte. Jesu Auferstehung weissagt: Jeder Kosmos ist nicht zum Vergehen, sondern zum Bleiben angelegt. Der eine zum Bleiben wider Willen das ist ewiges Lebenmüssen, der andere zum Bleiben nach Willen, Wunsch und Gebet – und das ist ewiges Lebendürfen. Der eine Kosmos wird durch die Auferstehung Jesu in ein fortwährendes Leben genötigt, der andere in ein ewiges Leben verklärt. Der eine Mensch wird durch die Auferstehung Jesu an sich gebunden, damit er erfahre, was dort Richard III. sagt: Ich bin selbst allein, daß er an sich trage, unter sich leide, seiner nimmer froh unter sich vergehe und doch nie seiner ledig werde, und der andere, daß er seinen Herrn und König wiederfinde. „Jesus ist geworden der Erstling unter denen, die da schlafen.“ Er ist Urheber des Lebens, Anfänger und Urständer aller neuen Lebensregung und aller neuen Lebensentwickelung, indem er sich mit uns zusammenschließt und spricht: „Ich lebe, und ihr sollt auch leben.“ Der Gott des Friedens, dem der Herr durch sein Kreuz die von uns verschuldete, furchtbare Spannung aufgetan hat, der Gott des Friedens, der von den Toten herausgeführt und heraufgeführt hat den großen Hirten der Schafe durch das Blut des neuen, weltüberwindenden Bundes, mache uns nun fertig in allem guten Werk, zu tun seinen Willen, und schaffe in uns, was vor ihm gefällig ist durch Jesum Christum, welchem sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit. Hebr 8, 20 u. 21.

 Melanchthon schloß seine letzte Vorlesung über das Ostergeheinmis mit dem Vers, mit dem Sie mich jetzt auch schließen lassen wollen:

Fac, ut possim demonstrare,
Quam sit dulce te amare,
Tecum pati, tecum flere,
Tecum semper congaudere.


Herr, gib, daß ich möge zeigen,
Wie es selig, dir zu eigen, –
Mit dir leiden, mit dir streiten –
Dir einst ewig stehn zur Seiten.

Empfohlene Zitierweise:
Hermann von Bezzel: Der erhöhte Herr. Furche, Berlin 1914, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Der_erh%C3%B6hte_Herr.pdf/10&oldid=- (Version vom 5.7.2016)