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sicher: das ist das Kennzeichen. Mann kann eigentlich, wenn man nicht sehr idealisieren oder verschweigen will, von einer Jugend der Diakonissensache speziell in diesem Hause nicht wohl reden. Die Zeit war alsbald gleich so ernst, daß die Diakonissensache sich ihrer Jugend nicht freuen konnte.

 Sie trat alsbald in die Not ein, und die erste besondere Aufgabe, die sich dem hiesigen Hause alsbald sofort darbot, war die Pflege der Blöden. Darin dürfen wir einen providentiellen Zug erkennen, denn es wurde dadurch die Gefahr des Tastens abgewandt. Das war die erste Aufgabe, wurde zur Hauptaufgabe und soll auch die letzte bleiben. Denn wenn einmal die Blödenpflege in diesen Kreisen hintangesetzt oder auch nur verkürzt würde, dann würde das „Charisma des Charismas“ vergehen. Gerade die „Armen, die Niedrigen und Verachteten“ bedürfen und erfahren sonderlich christliche Führung. Weil ihnen Gott im übrigen soviel verweigert hat, gab er ihnen ein „traumhaftes Innenleben.“ Traumhaftes Innenleben geht aber weit über die Flachheit unserer Tage hinaus, ist etwas ganz anderes, als äußerliches Träumen. Ja, Gott hat es sehr gnädig gefügt, daß Er dieses Haus gleich von Anfang an mit ganz konkreten Aufgaben verschwistert hat: Man hat das Schöne der Anfangsbewegung mit dem Schönen der Anfangsarbeit verbunden. Indem Löhe in der Heranziehung der weiblichen Jugend für den Dienst der Barmherzigkeit die gesamte weibliche Mitgliedschaft der Kirche zur Lösung der schweren Aufgabe der Zeit aufbot, hat er gleich zum Ernstesten gerufen: Helfet den Blöden!

 In den Hausordnungen und in den Unterrichtsplänen offenbart sich die Treue, welche der kennt, der den Blöden hold ist. – Noch werden eigentlich alle Lehrgegenstände der Blödenschule anvertraut und man hat es gelernt, Treue im kleinen zu üben. „Denn vollkommene und beständige Treue im kleinen ist eine heroische Tugend!“ (Bonaventura 1221–1274). Die Blödenpflege erfordert feines, barmherzig eingehendes