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ist Ihm nachgefolgt. Diese Gnade muß sie wahren, wenn sie leben will, und wir werden es unseren Vätern in Christo nie genug danken können, daß sie so auf die reine Lehre gehalten mit dem Eifer treuer Haushalter, die nicht das Recht haben, nur einen Deut von dem Gute ihres Herrn wegzugeben, noch den Zentner im Schweißtuch zu behalten. Man mag dies lutherische Starrheit oder wie sonst nennen, unsere Kirche hat die Pflicht bis auf diesen Tag gewahrt, ihr Erbe verwaltet, auf Zinsen hinausgegeben, um es einst dem Herrn, Der es ihr verliehen, reich bewuchert wieder zurückzuerstatten. Es ist ihr gar nicht erlaubt, auch wenn sie es könnte, etwas von dem Gute ihres Herrn abzudingen oder hinzugeben. Ungeschmälert hat Er es ihr geschenkt, und ausgenützt soll sie es wieder zurückgeben.

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 Damit aber ist zugleich ein Ausblick auf die Zukunft unserer Kirche getan. Je ernster in ihr selbst die Gefahren werden, je größer die Not von falschen Freunden und offenen Feinden, desto mehr muß sie an dem Worte halten, daß sie nicht vergehe in ihrem Elende! Ihre Stützen schwinden – es ist gut so –, ihre Katheder werden entweiht, ihre Kanzeln verunehrt werden, so muß sie sinken und fahren lassen, was nicht bleiben will, wenn nur Er ihr bleibt. Es werden die nächsten Zeiten Zeiten tiefsten Niederganges für unsere Kirche werden. Eine Sichtungszeit; ob es die letzte ist, vermögen wir nicht zu sagen, diese Sichtungszeit wird hereingreifen in das teuerste Kleinod, in die Lehre, und hat bereits hereingegriffen. Man hat unserer Kirche schon viel genommen, der Staat hat ihr den Arm allmählich entzogen, weil sie mit ihm nicht überall paktieren konnte. Weltliche Gunst ist ihr sehr spärlich bemessen, und in dem Glanze fürstlicher Sonnen ist sie nicht groß geworden. Ihre Gelehrten und Gewaltigen haben oft der Knechtsgestalt sich geschämt und sind von ihr gewichen dahin, wo es größere Lorbeeren zu holen gibt. Und nun soll es auch ans Letzte gehen, es soll ihr die Reinheit des Worts auch noch genommen