Seite:Hermann von Bezzel - Der Beruf der evangelisch-lutherischen Kirche zum Amt der Diakonie.pdf/46

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

um Des willen, Der vom Himmel kam, die Welt zu erlösen, weiß sie Welt und Himmel geeint, Zeit und Ewigkeit verbunden. Indem sie die Zeit ausnützt in treuem Wirken, hat sie dieselbe mit den Ewigkeitskräften erfüllt, die ihr der Heiland geschenkt hat, läßt sie diese Zeit als eine Vorbereitung auf ewige herrliche Tage gelten und läßt uns als Menschen der Zeit Ewigkeitsmenschen sein. Es liegt ein unermeßlich großer Segen auf dieser Kirche, welche die Lieder tiefsten Sehnens nach der Vollendung der ewigen Welt ihr eigen nennt, und doch wieder in seliger Freiheit alles Irdische als Gnade und nur als Gnade von Gott hinnimmt. Ein Lied wie „Die güldne Sonne“ kann weder ein reformierter noch ein katholischer Christ recht singen und dichten: der Lutheraner kann es, welcher die Welt wandernd durchzieht, nicht auf ihr sich aufhaltend und sie doch möglichst segnend, ehe er von hinnen zieht. Ja, das kann nur die Kirche, welche nüchtern und doch voll Sehnens, einfach und doch voll tiefster Geheimnisse, unscheinbar und doch reich in ewiger Herrlichkeit ist. Und der Urquell all solcher Gnade und der Born solcher Herrlichkeit, die verborgene Brunnenstube, aus welcher ihr Leben so unermeßlich hervorquillt, ist das reine Gotteswort, wie es sich hörbar und sichtbar darstellt in Wort und Sakrament. – Die alten Salzburger haben ihre rauchgeschwärzte Bibel gerettet und sind des froh gewesen. Unsere Kirche hat viel erlebt, eine Unselige, über die alle Wetter gehen, vor ihr ist die Herrlichkeit aller Welt in Trümmer gesunken, alle menschliche Schöne, Macht und Reichtum ist vor ihren Augen zergangen; aber Eins ist ihr nie genommen worden, ein Sterben hat sie noch nie geschaut, das Sterben des Worts, daß ihr Herr und Heiland für sie und für alle in den Tod gegangen ist. Und in dieser Freudigkeit, daß sie einen Herrn und Heiland hat, der über allem Sterben der Seinen ewig bleibt, um dieses Ruhmes willen, sich des gekreuzigten Herrn je und je teuer erworbenes Eigentum nennen zu dürfen, hat sie alles verlassen und