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Ablaßzettel Tetzels vorhielt. Die Lehre von dem Verdienst der überzähligen Werke war es, die ihn hineinwarf in das Forschen, ob er denn absolvieren könne, die mit Verdienstlichkeit fremder Werke sich decken wollten vor dem Zorn eines heiligen und gewaltigen Herrn. Und in der Kraft eines vom Wort erfaßten, vom Wort getöteten, von diesem hinwiederum erweckten Lebensmutes: „Sei getrost, Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben!“ hat er gewirkt. Diese Lehre von dem einigen Gottessohn, Der für die Sünde ins bittere Leid gegangen, Der für Schreck und Straffolge der Sünde am Kreuz genug getan, von diesem unserem Herrn Jesu Christo, der Seinen Ruhm, uns erlöset zu haben, mit keinem teilen noch denselben schmälern und verringern lassen will, war es, die Luther als das Palladium unserer Kirche rettete, reinigte und dem deutschen Volk zur Anbetung und Nachachtung als einigen Trost vorstellte. So ist unsere Kirche die Kirche des Worts und der Lehre geworden, welche das Wort in die Faust nimmt und der Wahrheit eine Stätte willig gibt, so doch „die Wahrheit, die aus Gott ist, auf Erden keine rechte Herberge findet.“ Darin liegt ihr Charisma. Luther, diese durchaus konservative Natur, hat uns gelehrt das Wort in kindlichem Gehorsam, er hat uns getröstet, daß das Wort alle Feinde müssen stehen lassen, daß dieses Wort und der Geist, der in dem Worte lebt, auf dem Plan sein werden für die ganze Kirche auf Erden. Es wird die niederliegende Kirche aufrichten, die leidende bereichern, die elende, verlassene, einsame trösten und besuchen. Dies Wort wird der streitenden Kirche Macht des Sieges, der scheidenden Gnade des Triumphierens verleihen. Und so ist unsere Kirche die Kirche der reinen Lehre geworden, die Kirche, welche vor allem darauf dringt, daß das arme Menschenherz gewiß werde, und in ihm durch dasselbe erst wieder die Kirche, welche verlangt, daß unser ganzes Leben in dem größten aller Worte ruhe: „Mein Kind, deine Sünden sind dir vergeben!“ Man kann also die Reformation unserer Kirche