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3. Stunde.
Dienstag, den 2. Mai.

Gebet: Laß, o barmherziger Herr Jesu Christe, alle, welche Dir dienen wollen, Dir allezeit so nachfolgen, daß sie in Bereitschaft und Wachsamkeit mögen erfunden werden und Deinen Ruf nicht als den Ruf des Schreckens, sondern der Erlösung und ewigen Gnade vernehmen, auf daß in ihrem Dienen, Leben und Sterben Dein Name möge gepriesen werden in Ewigkeit. Amen.


 Johann v. Gott und Vincenz von Paulo bezeichnen die Fortschritte der römischen Kirche in dem Dienst der Barmherzigkeit. Der eine ist der Gründer der barmherzigen Brüder, der andere der Gründer der barmherzigen Schwestern, um 100 Jahre von einander entfernt. Letzterer insonderheit hat die Barmherzigkeit verfaßt und die Barmherzigkeitsübung nicht mehr der einzelnen barmherzigen Seele anvertraut, sondern dieselbe in gesetzmäßiger, großartiger Weise geordnet und organisiert. Es ist seitdem die merkwürdige Verbindung zwischen Klosterleben und Weltleben in den Barmherzigkeitsübungen der katholischen Kirche eingetreten. Denn nicht will Vincenz, daß die einzelne Schwester sich der klösterlichen Haft einordne, sondern er will, daß sie Nonne sei ohne Kloster, daß sie sich hinter den Mauern des Klosters geborgen wisse, ohne doch hinter denselben zu wohnen. Diese großartige Verbindung von mönchischer Regel und Weltleben, diese Uebung der Barmherzigkeit nach bestimmter Regel, dies Herrschen der Barmherzigkeit und Gebieten der Liebe ist im letzten Grunde das Charisma