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Wenn auch Cyprian noch festhielt an der Wirklichkeit der biblischen Wahrheit, an der Gewißheit aller neutestamentlichen Lehren, wenn er festhielt an dem von Gott geordneten Amt, so gehen doch schon in seinen Schriften jene bedenklichen Überschätzungen der Tradition, des Bischofs zu Rom, des Primates mittinne. Man sieht mit einem Wort: „Ein wenig Sauerteig versäuert den ganzen Teig.“ Und der mindere Sauerteig, der sich bei Cyprian und den Seinen findet, war leider stark genug, um die altkatholische Kirche so zu durchsäuern, daß aus ihr die römisch-katholische Kirche entstand, so wie wir sie jetzt finden. Aber diese römisch-katholische Kirche hat ihre Gnadengaben bis auf diese Stunde. Sie kann es nicht verleugnen, auf welchem Boden sie erwachsen ist, sie wird es nie vergessen, daß sie die kirchliche Erbin der politischen Vergangenheit eines großen, mächtigen, weltbeherrschenden Volkes gewesen ist. Sie bekennt, daß sie mit dem kirchlichen Anspruch an die Stelle getreten ist jener alten Roma, vor der sich einst die Völker beugten: Mit milden Worten einzuladen die Zagenden, mit starker Hand zu bewahren die Erworbenen, mit festem Druck niederzuhalten die Trotzenden; das war ihre Aufgabe. Das geht der römischen Kirche nach. Sie ist im letzten Grund Verfassungskirche. Von diesem Charisma aus, von dieser scharf geprägten bis ins einzelnste gegliederten Organisation aus läßt sich allein die römisch-katholische Kirche verstehen. Ihre Aufgabe liegt in der Verfassung der Welt gegenüber, in der Weltbeherrschung. Und damit hat sie der alten Zeit wahrlich genützt. Als die Wogen der Völkerwanderung hoch brandeten und das Kreuz Jesu Christi zu überstürzen drohten, da hat der Hl. Geist in Rom mit Seinem festgefügten Begriff einen Fels geschenkt gegen die Wogen, so der politischen Erregtheit, als des Arianismus. Es lag damals in Rom die festgefügte Wahrheitserkenntnis, an welcher der Irrtum, die festgeordnete Verfassung, an welcher die Willkür zu Schanden wurden. Als die jugendlichen Völker Europas, gemäß dem letzten