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Würdigung für alle Vorzüge anderer, doch fest und unbeweglich steht auf dem, was ihr ewiges Erbteil geworden. „Du hast eine kleine Kraft und hast Mein Wort behalten.“ So ist unsere Kirche in den Mittelpunkt aller Erscheinungen getreten, und wir sehen je länger je mehr, wie der Kampf aller christusfeindlichen Elemente gegen unsere Kirche sich anbahnt, zeugend, daß eben unsere Kirche besonders die Hüterin Seines Wortes ist.

 Gnadengaben hat der Hl. Geist je und je verliehen, Gnadengaben sind selbst die einzelnen Konfessionskirchen. Es wird alles darauf ankommen, wie man sich die Entstehung derselben denkt – ob diese nur durch menschliche Sünde entstanden oder aber ob sie nicht auch Gnadengaben des Hl. Geistes sind. Es ist wahr, es sind die Teilkirchen Ausfluß menschlicher Sünde, es hat sich viel Sünde hineingemengt; aber es sind auch die einzelnen Teilkirchen Individualisationen der einzelnen Wahrheiten, ausgehend von dem Worte: „In Meines Vaters Hause sind viele Wohnungen.“ Die Trennungen sind nicht bloß von Gott zugelassen, sondern von Gott gewollt, bis der Tag kommt, wo alle eins sind. So gewiß die vier Evangelien ein und denselben Christum von verschiedenen Standpunkten aus ansahen, so gewiß die großen Apostel für ein und denselben Christum bei aller Verschiedenheit den Tod erlitten, so gewiß sind nun in der Stellung der einzelnen Apostel die verschiedenen Stellungen der Teilkirchen zu Jesu Christo präformiert.

 Wenn wir festhalten, daß die einzelnen Kirchen Gnadengaben des Hl. Geistes sind, so werden wir zu der rechten Duldung vordringen, welche unsere Kirche so sehr auszeichnet. Bei aller Scheidung der Kirche ist die Gnade mächtiger geworden als die Sünde.

 1. Hat nun unsere evang.-lutherische Kirche, geschichtlich und dogmatisch besehen, ein Charisma zum Amt der Barmherzigkeit?