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Röm. 5, 16 und 17 alle die Gaben, die Gott in Jesu Christo uns geschenkt hat, Gnadengaben; dieses muß festgehalten werden, um aller fleischlichen Ueberschätzung der Charismen vorzubeugen. Diese Gnadengaben können sich spezifizieren auf bestimmte Vorgänge, spezielle Zwecke und Absichten vereinzeln. Das sind jene Bewegungen, welche der Hl. Geist verleiht aus der Fülle Dessen, der im Evangelium des gestrigen Sonntags, Cantate, sagt: „Von dem Meinen wird Er es nehmen.“ Es sind also keine andern Gnadengaben als die, welche der Herr Christus jeder Seele im ganzen und großen verleiht, es sind nur besonders angediente, angepaßte und applizierte Gnadengaben, welche der Hl. Geist, wie Er will, nach dem vorhandenen Bedürfnis des Einzelnen und der Kirche austeilt. Es sind Gaben, welche der Hl. Geist andient der einzelnen Kirchenzeit, der einzelnen Seele, der einzelnen seelischen Bewegung. Die Charismen unterscheiden sich von den andern Gaben, die Jesus jedem Menschen gegeben hat, nicht dem Wesen nach, sondern nur dem Grade, der Art nach. Es sind einzeln angediente Aeußerungen derselben Gnade, die in unserm Herrn Jesu Christo beschlossen ist.

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 Man teilt wohl die Charismen ein nach Wortgaben und Tatgaben. In den Bereich der Wortgaben fallen Ermahnung, Weissagung, auch das Zungenreden. Die Tatgaben sind die, in welche das Amt des Herrschens, der Diakonie, der Heilungen usw. sich einordnen. Denn jene bekannte Zwölfzahl ist kein abgeschlossenes Verzeichnis. Gott gibt den Hl. Geist ohne Maß und Einschränkung und der Hl. Geist teilt sich mit, wie Er will; es ist Seines Reiches Geheimnis, Seine Gaben da einsetzen zu lassen, wo Er sie für nötig erkennt. Die außerordentlichen Gnadengaben sind zurückgetreten, aber Gnadengaben des Hl. Geistes bestehen. Und wenn wir auch nicht der starken Blumhard’schen Richtung huldigen, als ob Gnadengaben außerordentlicher Art, Wundertaten, ein Kennzeichen der Kirche sein müßten, so halten wir doch daran fest: Ohne Gnadengabe ist nie eine Kirchenzeit