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Das wollte Gott nicht, daß diese oben auf einsamer Höhe stehen, in das Bewußtsein unantastbarer Fehllosigkeit mit hoher Würde gehüllt, sondern daß allezeit solche Persönlichkeiten um sie sind, die da nicht in knechtischer Schmeichelei ihren Obern huldigen, sondern die das rechte Wort sprechen zur Zeit und zur Unzeit, „Paladine der leitenden Persönlichkeiten.“ Dann ist es wohlbestellt in einem Mutterhause. Im ganzen ist ja, Gott lob, das Gefühl der Zusammengehörigkeit vorhanden; aber ob nicht manchmal der Gehorsam ein treuerer sein könnte? Es ist ja schwer gehorchen; aber es ist auch lohnend, und gerade die Herrschenden wissen am besten, daß Gehorchen viel leichter ist, als Befehlen. Wenn man aber recht zu seinen Obern steht, dann kann man auch freudig gehorchen, es liegt eine große erziehliche Macht in dem Gehorsam.

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 Es ist für leitende Persönlichkeiten nicht bloß hier, sondern in allen Kreisen keine Gefahr größer als die der Menschenverachtung. Wenn man sieht, mit welchen Mitteln man sich Sympathieen erkaufen könnte, wenn man wahrnimmt, wie Sympathieen gemacht werden, so ekelt einen dieser losen Speise. Aber es wäre furchtbare Sünde, wenn man sich von der Menschenverachtung, ja nur zu ihr fortreißen ließe, weil sie aus großem Hochmut entstände. „Lieber, verachte den nicht, für den Christus gestorben ist.“ Es muß nur darauf von Ihnen recht gesehen werden, daß Sie immer weg von allem Menschlichen allein auf das Amt Ihrer Vorstände sehen. Das schließt ja nicht aus, daß man es treulich auch sonst mit ihnen meint, es schließt es vielmehr ein. Aber über allen Persönlichkeiten stehe der freudige Gehorsam zu den Vorständen, welche ihre Aufgabe durchaus nicht zu lösen vermögen, wenn sie nicht freudigen Gehorsams zu Ihnen sich versehen können. Zuerst Amt, dann Person. Habt sie (die Leiter) desto lieber um ihres Amtes willen; wenn man deß gewiß ist, daß der Herr Gott Seine Hand über Wahl und Berufung der Einzelperson gehalten hat, so darf man in dem Amt auch die begnadete (und