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Evangeliums. Das ist die neidenswerte Macht, die dem Weibe übergeben ist. Daran soll es sich denn auch genügen lassen und soll in der Stille dienen, rein von allem Drängen und aller Methode. In dieser Art liegt die größte Predigt. Warum wollen Sie sich nicht an diesem hohen Berufe genügen lassen? Warum suchen Sie mehr? Es mag ja eine Zeit kommen, wo manchmal die Dienerin der Barmherzigkeit besseren Trost bringt als der Träger des Amts. Ja, es wird die Zeit kommen, wo manch ein Träger des Amtes mit leeren Gründen, die das Herz nicht mehr erwärmen, an den Krankenbetten steht, wenn sie überhaupt da stehen mögen, und da wird die Zeit sein, wo die Dienerin so barmherzig sein und auch das Höchste sagen muß: „Für deine Sünden in den Tod gegeben“. Aber noch ist es so weit nicht. Noch sind viel treue Träger des Amts unter uns, deren höchste Ehre es ist, Seine Gnade und Seinen Frieden zu verkündigen. Daran werden Sie einen Amtsträger erkennen, wie er an den Kranken- und Sterbebetten handelt. Nicht, daß ich Sie damit zu Richterinnen über das Amt setzen wollte. Das Amt erhebt sich über die Kritik des Tages. Es ist ja unser größtes Weh, daß wir nicht mit dem Apostel sprechen können: „Ich bin mir wohl nichts bewußt;“ aber so weit müssen wir doch kommen, dürfen zu sagen: „Es ist mir ein geringes, daß ich von Euch gerichtet werde.“ Wir gehen unaufhaltsam dem Tage entgegen, wo wir, Gott wolle es in Gnaden fügen, „selig, wenn auch nicht fröhlich“ sterben. Aber daran sollen Sie doch den Herzensstand prüfen, wie der einzelne Amtsträger zu den Kranken- und Sterbebetten steht. Es ist ja sehr schön, eine Predigt zu halten, die den Anforderungen der Neuzeit entspricht und es den „Gebildeten“ möglich macht, ohne Stirnrunzeln und Achselzucken den Mann zu hören, der die Lehre von Sünde und Teufel, Hölle und Tod in die Rumpelkammer theologischer Raritäten verwiesen habe. Aber weit schwerer ist, am Sterbebette den Sieg des Lebensfürsten kräftig zu bezeugen. Wie aber, wenn nun das Amt nicht begehrt