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Amt lehrt, wehrt, handelt und regiert, so möge die Diakonie ihm die gemachten Beobachtungen, welche hinzu nötig sind, günstig leihen. – Wenn der Dienst der Barmherzigkeit aufhört, in dankbarer Ehrerbietung zum Amt der Lehre zu stehen und sich wider das Amt der Lehre erhebt, so hört es auf, Amt der Barmherzigkeit zu sein und wird seinen Lohn dahin haben. Der Apostel Jakobus weist ja im letzten Verse des 5. Kapitels die gemeinsame Aufgabe an, und sie läßt sich in ihren Einzelheiten reinlich scheiden, wenn man nur will. Es ist in diesem Hause immer eingeschärft worden, daß das Amt der Barmherzigkeit in treuem Gehorsam zum Amt der Lehre zu stehen hat. Man kann dies lesen in den ersten Diktaten Löhe’s wie in dem Diakonissenunterricht des seligen Rektors Meyer. Beide mußten darauf hinweisen, weil beide die Gefahren kannten, die dem Amt der Diakonissendienste erwachsen, wenn es auf eigne Hand „seelsorgert.“ Es ist das ein Zerrbild der Seelsorge, wenn sie unabhängig vom Amt der Lehre ausgeübt wird; denn die Seelsorge ist ein so ernstes, schweres und hartes Amt und läßt den Einzelnen so in eigene Not schauen, erfordert von ihm soviel Takt, daß es sich immer bitter rächen muß, wenn unbefugte Hände es wagen, hineinzugreifen. Möchten Sie sich das recht ernstlich gesagt sein lassen; denn die Absicht, einer andern Seele wohlzutun, ist ja oft nicht zu verkennen; aber die Ausführung scheitert an dem Mangel des innern Taktes. Der Herr allein, der in’s Verborgene sieht, weiß, wie viel gerade da gefehlt wird. Jene Seelsorge, die eigentlich die Seelsorge des berufenen Amts überflüssig machen will, ist keine; denn nirgends ist dem Diakonissendienste andere Seelsorge zugestanden, als der „Weiber Wandel ohne Wort!“ - In diesem wortlosen oder doch wenigstens äußerst zurückhaltenden Wandel liegt die höchste Kraft! – Aber andererseits wäre es doch ganz verkehrt, wenn eine Dienerin Jesu Christi nicht von Ihm zeugen würde und von der Liebe, die sie dringt; der Wandel des Weibes ohne Worte ist eben die größte Verteidigung der Wahrheit des