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ein: „Wenn wir so viel für unsere weltliche und geistliche Obrigkeit beten würden, als wir über sie reden, so stünde es traun besser.“ Glauben Sie, daß alles, was Sie für das Amt der Lehre betend vor Ihren Herrn bringen, auf Sie immer wieder zurück kommt. Das schenke der Herr Ihnen, daß das Amt der Barmherzigkeit in kindlicher Ehrfurcht zum Amt der Lehre stehe. Ja, Er schenke Ihnen das Beste, ein göttliches Gemüte und einen königlichen Geist. Er schenke, daß Sie im Sturm und Drang des Lebens Den immer fester fassen, Der sich unsern Frieden nennt. Er verleihe Ihnen, daß sie mitten im Weh immer wieder Jesum einige Kraft, einige Gnade und ewiges Erbarmen sehen mögen.

 Es ist mir oft schon durch den Sinn gegangen, was der selige Blumhardt sagte, als er vor Jahren vor den Toren Wittenbergs stand und die Türme der alten Reformatorenstadt im Abendsonnenschein erglänzen sah: „Ich weine, warum der Herr aus Seinem Köcher nicht mehr solche Pfeile wie Luther und Melanchthon entsandt hat.“ Doch nein, ich getröste mich: „Laßt uns die Gaben erwecken, die in uns sind.“ Fachet die Kohlen an, noch glühen sie; denn sie sind von dem Altar des ewigen Feuers genommen. „Stehe auf“, heißts einmal im Hohenlied, „Nordwind komme und Südwind wehe durch den Garten, daß seine Würze triefen!“ Mache Dich auf, Herr, und entflamme alles das in Deiner Kirche, was Du gnädig entzündet hast. Ja, das wollen wir bitten, daß der Geist, der einst in Feuerflammen durch die Welt gegangen, auch bei uns die Flamme der Liebe entzünde, auf daß sie Ihm entgegenlohe mit Freuden.

 Denn Geisteserweckung und Geisteserweisung tun not. Ueber das Feuer erster Liebe, in den Tagen der Einsegnung, wills Gott, angefacht, legen sich Asche und Erde der Alltäglichkeit. Diese Asche durch Gottes Odem zerstreuen, die Gottesgabe verwerten, das ist Aufgabe. Die Gottesgabe, welche durch Auflegung der Hände geworden ist. „Wollte Gott, daß alle das Wort