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recht schwer traget und euch jemand mit seinen Launen und Leidenschaften das Leben verbittert, wenn ihr einen Dienstboten habt, der störrisch, ungehorsam, unpünktlich, unwahrhaftig ist, und ihr könnt euch sein Wesen gar nimmer erklären, dann sagt ihr – im zwanzigsten Jahrhundert –: „wie besessen!“ Und wenn ihr von Vorkommnissen in der Zeitung lest, daß eine Mutter ihr Kind quält, verfolgt, haßt, mit ausgesuchten Martern peinigt, so findet ihr dafür auch keine andere Erklärung als: „sie ist wie vom Teufel besessen.“ Und wenn ihr Schauerliches vernehmt, vielleicht in euerem eigenen Kreise, so sagt ihr: „da merkt man den bösen Geist.“ Seht, unwillkürlich sind wir – und das ist ein Trost mitten im Elend, – an und bei der alten Lehre vom persönlichen Bösen angelangt. Das Böse muß sich in Persönlichkeiten ausgestalten; das Böse muß eine Leiblichkeit haben. Ihr sprecht von der leibhaftigen Lüge, ihr redet von der personifizierten Gemeinheit, ihr denkt, da jede Sünde persönlich ist, wenn ihr vom Haß redet, unwillkürlich an eine Person, die haßt; wenn ihr von Eifersucht redet, tritt eine eifersüchtige Persönlichkeit vor euer inneres Auge. Ihr könnt euch gar keine Sünde denken und klar machen, so wenig wie eine Tugend, wenn ihr sie nicht mit einer Persönlichkeit verbindet, mit Fleisch und Blut umkleidet. Und der große Apostel, der von der Sünde jedenfalls mehr weiß, als ein Zeitungsschreiber des zwanzigsten Jahrhunderts, auch als ein Theologe, sagt: „wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit Fürsten und Gewaltigen, mit den bösen Geistern, die im Luftbereich herrschen.“ (Eph. 6, 12.) Und Luther setzt hinzu: „der Teufel sei uns weit näher als der Rock.“

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 Ja, wir sind von einer solchen Fülle böser Gewalten, schwer uns anfechtender Feinde, hart uns anlaufender Dämonen umgeben, daß es eine Gnade Gottes ist, wenn wir sie nicht erblicken müssen. So ist im Reich der Finsternis, in dem nur ein Gedanke herrscht, Jesu Werke zu vernichten, eine furchtbare Geschlossenheit