Seite:Hermann von Bezzel - Der 2. Glaubensartikel.pdf/91

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Eph. 4, 8–10. 
Niedergefahren zur Hölle.


 Mit dem eben bekannten Worte treten wir in das allerunbekannteste und geheimnisvollste Gebiet ein, so daß der neunte Artikel der Konkordien-Formel, des letzten Bekenntnisses unserer evangelischen Kirche, darüber sagt: „wie solches geschehen ist, darüber wollen wir nicht weiterfragen, sondern wollen es einfältig glauben und auf die Zeit verschieben, wo uns vieles andere noch klar werden wird, was wir jetzt kindlich glauben, und mit unserer blinden Vernunft nicht fassen können.“ – Wer die Bekenntnisschriften seiner Kirche ein wenig kennt – die meisten wissen kaum, daß es solche gibt – der möge einmal den letzten Teil derselben, eben die Konkordienformel mit ihren neun Artikeln lesen. Dieser Artikel hat die Überschrift: „Über die Höllenfahrt des Herrn!“ und geht auf jene Predigt zurück, die Luther im Jahre 1533 in Torgau gehalten hat, in jenem Torgau, in dem 20 Jahre später seine Gattin, Katharina von Bora, beerdigt wurde. Man hat so viel gefragt: wer ist in die Hölle gefahren – der erniedrigte, der arme, der getötete Herr Jesus oder der verklärte? Man hat weiter gefragt, ob er nach seinem Geiste in die Hölle gefahren oder nach Leib und Seele? Man hat ferner gefragt: ist die Hölle der Ort der Abgeschiedenen oder der Verdammten? Denn ihr wißt, im Alten Testament gibt es eigentlich keinen Himmel, sondern nur eine Hölle als Ort der Abgeschiedenen mit den zwei Behältnissen, derer, die auf den Herrn warten, und derer, die den Herrn verachten. Man hat endlich gefragt: zu welchem Zweck ist er in die Hölle gefahren? Die einen unserer Väter sagen: zur Predigt des Heiles! und die anderen: zur Predigt der Verdammnis. Wenn jemand seine Bibel kennt und