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Ölzweig aus Gottes Garten über diese mit Blut getränkte Erde mehr hinfliegen dürfen? Soll kein Wort mehr unter den vielen schweren Worten ertönen, das alles, was im Herzen erregt und unruhig ist, zur Ruhe bringt?

 Meine Christen! Es ist wohl immer schwere Zeit in der Nachfolge Jesu gewesen, und der Gedanke, es sei einmal eine leichtere Zeit den Bekennern des Herrn Jesus erschienen, ist mehr freundlich als wahr. Wo ein Bekenner Jesu es ernst meint, da weiß er, es ist böse Zeit und das Böseste in der Zeit ist er selbst mit seiner Untreue und mit seiner Sünde, mit der Menge des Abfalles und mit der Fülle des unguten und undankbaren Wesens. So lange Christen über die Welt gehen, klagen sie nicht sowohl über die Zeit, sondern über sich selbst, die der Zeit nicht das abgewinnen, was zu ihrem Frieden dient, weil sie in ihrem Herzen nicht den tragen, der ihr Friede ist. Und darum bringt die Zeit so viele Fragen, weil das einzige Gewisse uns eben nicht gewiß ist: Jesus ist!

 Laßt noch viel dunklere und unheimlichere Tage heraufziehen, laßt aus dem Abgrunde, da die Lüge wohnt und die Gottesentfremdung und Gottesferne haust, noch bitterere und härtere Tage hervortreten, – all den Fragen, welche jeder neue Tag bringt, steht die eine große Tatsache gegenüber: Jesus ist! Keinem Tage hilft es, daß du ihm ein schmeichelndes „Vielleicht“ entgegenhältst: vielleicht bist du mir freundlicher, vielleicht bringst du mir Besseres als dein Vorgänger brachte. Es gelingt dir nicht, durch solch schmeichelnde Rede ihn zu entwaffnen oder ihn zu nötigen, seine Schleier abzulegen. Der Tag ist schweigsam und dein Vielleicht macht ihn nicht beredter. Und wenn du in einer Art von Wahrscheinlichkeitsrechnung sagen würdest: fünf Tage der Woche waren nun schwer, die beiden letzten müssen wohl leichter sein! Wer bürgt dir dafür, daß diese Rechnung stimmt? Kann nicht der 6. Tag dir das Schwerste bringen und der 7. Tag dir das Beste rauben? Kann nicht jeder Tag seine eigene Plage